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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 3)

(in seiner Programmschrift „Die deutsche Malerei") und die empfangene Natur aus der 
Empfindung wiedergeben. Die altdeutschen Meister sind seine Vorbilder, deren Weise 
noch in Böcklin nachklingt. Steppes ist ein Gesinnungsgenosse des trefllichen Karl Haider. 
Diesen und Böcklin sieht man ihm auch deutlich genug an; Böcklin, namentlich seinen 
glattgrau aufsteigenden Baumstämmen und den blumigen Frühlingswiesen, besonders 
aber einem gewissen weißen, von blauen Spuren durchbrochenen ernailglänzenden 
Himmel. Aber der junge Künstler, heute 35 Jahre alt, ist bereits zu seinem eigenen Typus 
von Natur durchgedrungen. In diesen weitgeschwungenen Szenerien ist eine Feierlichkeit 
von Linie, ein Aufbau großer Flächen, von wenigen, still zusammengehenden Tönen. Eine 
Heiligkeit waltet in dieser Natur. Wenn er im Hintergrunde des Sees die gewaltige graue 
Felsmauer aufbaut oder in das klare „Abendgold" die Gefühlslinie einer schmalen, zierlich 
befransten italienischen Pappel aufschießen läßt oder am Horizont Reihen heller Hügel 
mit winzigen dunklen Baumkronen sprenkelt. Oder wenn er mit den Augen einem weißen 
Wege folgt, der sich wie ein vernünftiges Wesen über grüne Hänge herab-, durch grüne 
Schlüfte hinanwindet. Der Mensch spielt dabei gar keine Rolle. Die Natur ist mit sich 
allein, der Mensch scheint noch gar nicht erschaffen zu sein. Man erinnert sich wirklich 
an die landschaftlichen Hintergründe einer Kopie van der Weyden oder auch eines 
Trecentisten aus dem Valdarno. Dabei wird man aber doch nicht übersehen, daß die 
Praxis eigentlich die Theorie Lügen straft. Er hat denn doch das strichelnde Verfahren 
übernommen, wenn er auch nicht fiebert wie van Gogh oder flimmerhaft wimmelt wie 
Segantini. Alle seine Flächen sind voll „Pinselstrichsä den er doch bemängelt. Wie 
durch ein Gewebe zieht sich jede Faser in leisen Schwingungen durch halbe Bildbreiten 
hin. Es steht ja außer Zweifel, daß die Ruhe sich dadurch mit innerer Regung füllt, die 
abstrakte Formel doch wieder heimlich an die Unmittelbarkeiten der Natur mahnt. So 
stehen die Steppesschen Malereien zwischen zwei Gegensätzen, ohne doch einen Charakter 
von Halbheit zu haben. 
ÜDVVIG HEVESLT Am 27. vorigen Monats ist Ludwig Hevesi dahin- 
geschieden, der seit Begründung unserer Zeitschrift deren ständiger 
Mitarbeiter war, regelmäßig die Berichte „Aus dem Wiener Kunstleben" verfaßt 
und seinen letzten längeren Aufsatz im januarheft über unsere Ausstellung 
österreichischer Kunstgewerbe veröffentlicht hat. Das Österreichische Museum 
verliert in ihm einen guten treuen Freund, einen feinsinnigen Beurteiler, der 
an den Ausstellungen alter und neuer Kunst, an der praktisch-künstlerischen 
Tätigkeit des Museums, die auf Erziehung der Kunsthandwerker und deren 
inniges Zusammenwirken mit den Künstlern abzielt, und an allen literarischen 
und wissenschaftlichen Arbeiten der Angehörigen des Institutes den regsten 
Anteil genommen hat. Hevesi war eine kampffreudige Natur, ein Streiter für 
die neue Kunst, ein trotz seiner vorgeschrittenen Jahre stets mit den jungen 
und Jüngsten empfindender Stürmer und Dränger, dabei aber, bei aller Schärfe 
seines kritischen Geistes, voll Wohlwollen und glücklich, wenn er loben und 
fördern konnte. Seine geistige Teilnahme und sein eigenes Arbeiten und Denken 
umfaßten die ganze Entwicklung der künstlerischen Kultur, vom klassischen Alter- 
tum bis auf unsere Tage, alles interessierte ihn, überall suchte er zu lernen und 
Beziehungen anzuknüpfen, in das Wesen und Werden der Kunst der Völker 
und Zeiten einzudringen und den Zusammenhang alles Geschehens zu erkennen. 

	        
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