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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 4)

derselben Hand zu sein. Beachtung verdient ferner die Geißelung Christi aus vergoldetem 
Messing, eine namentlich in dem rechten I-Ienkersknecht veränderte schwächere Wieder- 
holung der gleichfalls aus der Geistlichen Schatzkammer stammenden Gruppe desselben 
Gegenstandes im Museum. Bei der in der Schatzkammer verbliebenen Gruppe nennt das 
Inventar von 1758 den Namen Algardi. Einfache, hübsche Arbeiten sind das tragende 
Engelpaar aus vergoldetem Silber an der großen Monstranz mit dem Kreuznagel, die aus 
einer deutschen Werkstatt des XVII. Jahrhunderts hervorgegangen ist, und die beiden Engel 
aus vergoldeter Bronze am Porphyrtabernakel Giovanni Giardinis aus Forli, das 17m der 
Mailänder Erzbischof Kaiser Karl VI. zum Geschenk gemacht hat. Berninesker muten 
wieder die beiden kleinen Marmorfiguren des heiligen Franz Seraphicus und der heiligen 
Therese von L. Delvaux an. Aber auch noch ein anderes, seinerzeit ungemein beliebtes, 
heutzutage etwas in Verruf geratenes Material, das Wachs, ist in der Geistlichen Schatz- 
kammer durch ein paar Werke der Kleinplastik interessant vertreten. Vor allem findet sich 
eine kleine Weihnachtskrippe, durchaus keine künstlerisch hervorragende Arbeit, sondern 
vielmehr ein wenig anziehendes Gemisch von manieriert süßlichem Idealismus und unmoti- 
viertem widerwärtigen Naturalismus und zwei kleine Halbfiguren der Heiligen Valerianus 
und Tiburtius, jede mit einem putzigen Engelchen; wirkliche Haare und Kleider 
beschwören vollends bei diesen Büstchen den berüchtigten Eindruck des Wachsfiguren- 
kabinetts herauf. 
Von größter Bedeutung sind natürlich die Goldschmiedearbeiten. Von den gotischen 
seien erwähnt: Das Monile mit der Kreuzpartikel, das Karl V. bis zu seinem Tode trug 
und das durch Ferdinand III. an die Schatzkammer kam, aus dem XIV. Jahrhundert, der 
Deckel vermutlich aus der Zeit der Sachsenkaiser stammend. Das Doppelkreuz aus ver- 
goldetem Silber, mit opakem und transluzidem Email, Perlen und Edelsteinen, in der 
zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts für den angiovinischen Ludwig geschaffen. Ein aus 
Wiener-Neustadt stammender Altarkelch, von x438 datiert und mit Friedrichs IV. Wahl- 
spruch: a e i o u versehen. Ein Kelch aus vergoldetem Silber in den üppigen Formen der 
späten deutschen Gotik, in der ersten Hälfte des XVI. Jahrhunderts entstanden. Der 
deutschen I-Iochrenaissance gehört das hübsche Reliquiar an, das 1597 Georg Radziwill, 
der Bischof von Krakau, Maria, der Gemahlin Erzherzog Karls von Steiermark, verehrt hat. 
Aus dem XVII. Jahrhundert stammen etliche Altärchen, für die Ebenholz und silberne 
Zierate, oft auch reicher Edelsteinschmuck (überladen damit sind namentlich zwei für 
Kaiser Leopold I. angefertigte Stücke) oder Malereien auf Kupfer oder Pergament charak- 
teristisch sind; es sind hauptsächlich Augsburger Arbeiten, die sich um den Namen 
Matthäus Wallbaum gruppieren. Eine ganze Anzahl solcher Altärchen, darunter zwei als 
Originale Wallbaums geltende, sind aus der Geistlichen Schatzkammer dem I-Iofmuseum 
überwiesen worden. Wiener Ursprungs ist der 1748 vorn Bischof Graf Forgach gestiftete 
goldene Altarkelch, der reich mit Maleremail und Juwelen geziert ist; wahrscheinlich 
gleichfalls in Wien entstanden ist die 1668 von der Kaiserin Eleonore gewidmete Mon- 
stranz mit der Kreuzpartikel, eine wenig erfreuliche, geschmacklos überladene Arbeit. Die 
wohltuend maßvolle Formengebung Italiens bekundet das goldene Pazifikale, das Papst 
Klemens XI. 1711 Kaiser Karl VI. gewidmet hat. 
Die für die Barockzeit charakteristischen Materialien Schildpatt und Perlmutter 
kommen vor allem an zwei großen Kreuzen zur Geltung, von denen das aus Schildpatt 
durch seinen architektonischen Unterbau, das aus Perlmutter gearbeitete durch seine 
der Länge des heiligen Grabes entsprechende Höhe und seine, übrigens ziemlich rohen 
Gravierungen auffällt. 
Von den ausgestellten Rosenkränzen ist wohl der rnerkwiirdigste ein sogenannter 
„Zehner", der aus eiförmigen Achaten und Goldblechkugeln zusammengesetzt ist. Die 
interessante Elfenbeinschnitzerei seines Anhenkers scheint ihn noch dem XVI. Jahrhundert 
zuzuweisen. Dieser Gruppe entstammt ein anderer Zehner, der aus Kugeln von Bergkristall 
mit Pallionmalerei besteht und heute im Kunsthistorischen Hofmuseum aufbewahrt wird. 
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