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und streckt sich hier: täppische Hunde mit ungeschlachten Gliedmaßen, kollernde Trut-
hähne, gelbliedrige Kücken wie ilammige Federbälle, ein Elephantenpaar von ausdrucks-
starker Körperarchitektur, dekorativ tupfige Leoparden und lichtgraue Affen, deren porzel-
lanene Haut frierend zu schaudern scheint. Witzig sind die beiden Fabeltiere, der Flamingo
als befriedigte Selbstgefälligkeit und der heraldische Ordensadler mit der Pose, dem steilen
Gesicht und dem Haarschopf des großen Mimen Possart.
Daneben gibt es viel hübsches Nutz- und Schaurequisit. Aparte Schirmknöpfe, ahoru-
grau scheckig überlaufen, malachitgrün mit kristallinischem Feuer, durchbrochene Gitter-
körbe; Vasen mit dem Schimmermoire grünlicher und silberner Eissterne; Platten mit
Landschafts- und Seestimmungen. So kann man der Berliner Manufaktur eine glückhafte
Frühlingsfahrt nach dem Klein-Paris wünschen.
Die berühmte Manetsamrnlung von Pellerin ist jetzt bei Cassirer ausgestellt, nicht
nur zur Schau, auch zum Verkauf, und die meisten Stücke sind bereits von neuen Besitzer-
händen belegt. Die Hauptnummer ist das lebensgroße Porträt des Kupferstechers Des-
boutin, ein Meisterbildnis lebendiger Farbe im Dunkel der Gestalt, dem rotblonden Hund,
dem Weiß des Tabaksbeutels, des Kragens und der Schleife. Und darüber das sprechende,
erfüllte Gesicht mit den sprühenden Augen. Gegen dies groß aufgemauerte Menschenbild
wirkt die Claude Monet-Familie im Grünen als ein heiter spielendes Blumenstück: Madame,
im breitgelagerten, rondellhaft sich rundendem Kleide, sitzt auf dem Rasen, Monet, in
blauer Bluse, bestellt ein Beet und Figuren und Vegetation verklingen farbig ineinander -
malerisch beseelte Gartenkunst. Nicht weniger harmonisch ist das tonige Ensemble
von Menschen und Dingen in dem Atelierbild mit seinem Stilleben-Durcheinander
und dem energisch und robust modellierten Vordergrundtyp des jungen Mannes im
runden Strohhut.
Diese Vordergrundstechnik, bei der eine Figur gleichsam am Ufer des Bildes steht,
voll herausgearbeitet, und hinter ihrem Rücken die farbigen Wellen von Stillebenmotiven
und Menschenmassen der Statisterie branden, dies ist auch für die Bar der Folies Bergeres
von 1882 charakteristisch. Die Barmaid ist hier die farbige Heroine in der bunten Optik der
Alkoholphiolen und Teufelselixire mit dem Gelb der Orangen, und am Horizont wallt und
wogt es vom Changeant flutenden Getümmels.
Und noch einmal begegnet solch Arrangement in dem Skatingbild mit der exponierten
Dame am Rand des Rahmens und dem gleitenden Schattenspiel der rollenden Läufer auf
der Weite des Hintergrundes.
Eine historische Kuriosität, so wirkt die Nana von 77. Blondes Fleisch im blauen
Korsett, weißem Unterrock, grauen Strümpfen mit der Puderquaste vor dem Stehspiegel;
der Herr auf dem Sofa im Frack, vom Rahmen witzig halbiert. Ein Revolutionsdokument
vergangener Zeit.
Die Erlesenheiten dieser Sammlung, die sich jetzt zersplittert, sind gewiß die Pastelle.
Der Duft dieser hauchigen Frauenbildnisse, in denen samtiges Schwarz, ein puderfeines
helles Blau und Rosa variiert wird, ist unbeschreiblich. Man denkt an den farbigen Schmelz-
staub der Schmetterlingsiiügel, und der Esprit der Linie in den Bewegungsetuden der
Frauen bei der Toilette führt zu Degas. F. Poppenberg
DAS BÜRGERHAÜS IN DER SCHVVEIZI" I. Band: Das Bürgerhaus in Uri.
Der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein hat es unternommen, dem
„Bürgerhaus in der Schweiz" eine umfassende und sorgfältige Publikation zu widmen. Er
" Basel 19m. Verlag von Helbing und Lichtenhahn.