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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 5)

mit Festungswerken des Mittelalters, ist der Mont-Saint-Michel. Hinter den 
steinernen Wällen, auf Vorsprüngen und Absätzen des stellenweise jäh 
abfallenden Gesteins, liegt unter dem Schutz eines Klosterkastells das kleine 
Städtchen, zum guten Teil noch im Charakter vergangener Jahrhunderte 
erhalten. Nachts bloß durch den Lichtschein der Verkaufsläden der „Mar- 
chands d'imaiges" oder der zahlreichen, an der „Grande Rue" (Abb. 16) 
gelegenen, meist auch auf den Mauerumgang mündenden Wirtshäuser erhellt, 
geben die außerordentlich malerische Haupt- und die paar Nebengassen 
noch heute einen Begriff davon, wie es um die mittelalterliche Straßen- 
beleuchtung stand. Die Zeit der im Winde schwankenden Straßenöllampen 
 
Abb. 2. Blick von den Höhen von Avranches auf die Bucht von Cancale und den Mont-Saint-Michel 
hat den Berg des heiligen Michel ebensowenig berührt als die Einführung 
von Leuchtgas oder Elektrizität. Kein schlecht modellierter und gegossener 
Kandelaber noch Mauerlaternenarm, keine Bogenlampe verdirbt das nächt- 
liche Bild. Der Dunkelheit ward ihre volle mysteriöse Wirkung belassen. 
Freilich, der „Mont" ist kein Aufenthaltsort für Fremde. Scharenweise kommen 
sie, scharenweise essen sie, scharenweise erfahren sie, was es mit dem 
Ganzen eigentlich für eine Bewandtnis hat, und scharenweise ziehen sie 
abends wieder ab, mit der Eisenbahn oder sonst wie. Nachher ist alles ruhig. 
Die Wirtsleute und ihr Gesinde speisen, wo vorher Riesenportionen von den 
Fremden verschlungen wurden. Man zählt die Einnahmen und rüstet sich 
zeitig zur Ruhe; nur vereinzelte Besucher bleiben. Daher sind denn wohl 
auch jene Absurditäten noch nicht in Schwang gekommen, die der große 
Haufe an berühmten Fremdenindustriezentren mit Wonne genießt: Beleuch- 
tung mit Scheinwerfern, mit bengalischen Lichtern, dazu entsprechende
	        
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