mit Festungswerken des Mittelalters, ist der Mont-Saint-Michel. Hinter den
steinernen Wällen, auf Vorsprüngen und Absätzen des stellenweise jäh
abfallenden Gesteins, liegt unter dem Schutz eines Klosterkastells das kleine
Städtchen, zum guten Teil noch im Charakter vergangener Jahrhunderte
erhalten. Nachts bloß durch den Lichtschein der Verkaufsläden der „Mar-
chands d'imaiges" oder der zahlreichen, an der „Grande Rue" (Abb. 16)
gelegenen, meist auch auf den Mauerumgang mündenden Wirtshäuser erhellt,
geben die außerordentlich malerische Haupt- und die paar Nebengassen
noch heute einen Begriff davon, wie es um die mittelalterliche Straßen-
beleuchtung stand. Die Zeit der im Winde schwankenden Straßenöllampen
Abb. 2. Blick von den Höhen von Avranches auf die Bucht von Cancale und den Mont-Saint-Michel
hat den Berg des heiligen Michel ebensowenig berührt als die Einführung
von Leuchtgas oder Elektrizität. Kein schlecht modellierter und gegossener
Kandelaber noch Mauerlaternenarm, keine Bogenlampe verdirbt das nächt-
liche Bild. Der Dunkelheit ward ihre volle mysteriöse Wirkung belassen.
Freilich, der „Mont" ist kein Aufenthaltsort für Fremde. Scharenweise kommen
sie, scharenweise essen sie, scharenweise erfahren sie, was es mit dem
Ganzen eigentlich für eine Bewandtnis hat, und scharenweise ziehen sie
abends wieder ab, mit der Eisenbahn oder sonst wie. Nachher ist alles ruhig.
Die Wirtsleute und ihr Gesinde speisen, wo vorher Riesenportionen von den
Fremden verschlungen wurden. Man zählt die Einnahmen und rüstet sich
zeitig zur Ruhe; nur vereinzelte Besucher bleiben. Daher sind denn wohl
auch jene Absurditäten noch nicht in Schwang gekommen, die der große
Haufe an berühmten Fremdenindustriezentren mit Wonne genießt: Beleuch-
tung mit Scheinwerfern, mit bengalischen Lichtern, dazu entsprechende