297
sprechend der Artillerietechnik wurden die Türme umgebaut, trotz der Nähe
des Feindes, trotz allgemeinen Mangels am Nötigsten. Schließlich gerieten
die englischen Truppen durch wiederholte Ausfälle nicht bloß in die Enge,
es wurden ihnen sogar verschiedene Punkte auf dem Festland abgenommen,
die Instandsetzung aller Schäden aufs eifrigste betrieben. So ist dieser kleine
Fleck meerumspülten, felsigen Bodens nicht nur ein eigenartig herrliches
Monument mittelalterlichen Bauens, er ist ein Denkmal ausdauernden männ-
lichen Mutes, tapferer, unverzagter Herzen geworden. Bringt es die fran-
zösische Nation über sich, ihn rücksichtsloser Spekulation ohne Einwand
auszuliefern? Das wäre unwürdig eines großen Volkes!
Abb. xg. Blick auf den Wallgang (Las Remparzs); vom Tour de YArcade (Plan M)
Mit der Schlacht von Formigny, infolge deren die Normandie völlig von
Engländern gesäubert wurde, traten auch für den „Mont" wieder ruhigere
Zeiten ein. Das Jahr 1446 brachte, durch päpstliche Bestimmung ernannt,
den ersten „Abbe Comrnendataire" in der Person des Kardinals Guillaume
d'Estouteville, Bruder des verwegenen Verteidigers. Zwar nahm er seinen
Wohnsitz nicht auf dem „Mont" selbst, ließ sich aber den Wiederaufbau, vor
allem des eingestürzten Kirchenchores, angelegen sein, der in seiner jetzigen
Gestaltung zur Ausführung kam (Abb. 33). Die Vollendung fällt ins Jahr 1513
unter Abt Jean de Lamps, der Franz I. als Pilgrirn begrüßte. Seit 146g
existierte, von Ludwig XI. begründet, der militärische Orden der „Sankt-
Michaelsritter". Die kommandierenden Äbte ließen sich wohl die zeit-
gemäße Herstellung der Festungsbauten angelegen sein; um den baulichen
Zustand des übrigen kümmerten sie sich wenig oder gar nicht, so daß es
wiederholt der energischen Aufforderung des Parlaments bedurfte, um
40