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wie hier in einer Bahn zusammengevvebt zu sein, sondern man konnte
verschiedenfarbige, aber gleichgemusterte, Bahnen zusammensetzen. Die
Musterung unseres Stoffes lehnt sich nun klar an europäische an; aber die
Einzelheiten sind wieder sehr merkwürdig - sagen wir es kurz: aus-
gesprochen chinesisch. Wir machen auf die Hammenartig auslaufenden Blatt-
formen oben aufmerksam, dann auf die breite Mittelform unter der großen
tulpenähnlichen Blüte
und insbesondere auf
diese selbst. Sie ist näm-
lich - wohl nur als
Umdeutung einer rein
äußerlich verwandten
europäischen Form -
in einen Lotoskelch (so-
genannten eßbaren Lo-
tos)umgewandelt. Diese
Form, die übrigens un-
ten noch zweimal klei-
ner erscheint, ist hier
stilisiert dasselbe, wie
der naturalistische Lo-
tos, an dem der Vogel
pickt, links unten auf der
(in Farbe dargestellten)
Rückseite unserer ge-
stickten Kasel.
Nebenbei bemer-
ken wir, daß auch die
Webeart und das Ma-
terial desSeidendamasts
echt chinesisch sind;
doch wollen wir hier auf
ein näheres Eingehen
verzichten, da wir dem-
IläChSt neuerdings eine Seidendamast, rot und gelb, im k. k. Österreichischen Museum
größere Anzahl altchi-
nesischer Stoffe, die sich seit dem Mittelalter in Europa befinden, zu ver-
öffentlichen gedenken und diese Frage dann ausführlicher behandeln müssen.
Jedenfalls erkennen wir in unserem Seidendamaste ähnliche Umar-
beitungen europäischer Motive, wie in dem gestickten Randstreifen, der
uns in der Stola (Abbildung Seite 276) erhalten ist.
Nach dem Stile des beeinflussenden europäischen Musters dürfen wir
die chinesische Stickerei also wohl in die Spätrenaissance, allenfalls in die
Frühbarockzeit, versetzen; denn es ist nicht anzunehmen, daß sich so stark