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denen neben zwei Marterszenen aus der Passion (Abb. 4) jene sinnreiche
Montierung eines Weihbrunnens den ersten Preis verdient, die Christus und
die Sarnaritanerin im Gespräch am Jakobsbrunnen darstellt; der Ziehbrunnen
unter der schattigen Weinlaube bildet die Verkleidung für das Weihwasser-
gefäß (Abb. 5).
Eines der Prunkstücke der Sammlung, das noch näher zu beschreibende
gewaltige Uhrzifferblatt, gehört gleichfalls hierher. Unter den barocken
Arbeiten sei insbesondere auf einen prachtvoll bewegten heiligen Sebastian
und einen rührend schönen, auf der Weltkugel stehenden segnenden
Christusknaben (Abb. 6) verwiesen. Elfenbeinerne Schnupftabakdosen, die
eine mit wunderbar zart geschnitzten Amoretten in Relief, die andere mit
Goldemail und Miniaturmalerei verziert, führen bis ins XVIII. Jahrhundert.
Die Malerei der letztgenannten Dose atmet die neckische Grazie der Zeit
Watteaus und Bouchers: eine elegante, junge Reifrockdame hat den bösen
Flügelgott, der ihr arg zusetzt, erwischt, legt ihn quer über den Schoß und
züchtigt die nackte Reversseite des zappelnden Liebesgottes mit einem -
Blumenstrauß . . .
Eingehende Betrachtung verdient das fast einen
halben Meter im Durchmesser messende, in Elfenbein
geschnitzte Zifferblatt, vermutlich ein Werk der italie-
nischen Renaissance. Es gehört zu den berühmtesten
Kunstgegenständen von Kremsmünster, unter denen
es sich seit dem Jahre 1682 befindet. Damals wurde
es von dem Abte Erenbert II. Schrevogel um den Betrag
von x03 Gulden angekauft; es ist gar nicht zu sagen,
wie oft man diesen Betrag multiplizieren müßte, um
den heutigen Geldwert des Objektes darzustellen. (In
Parenthese sei bemerkt, daß der kunstsinnige Abt Eren-
bert II., der bekanntlich die Stiftskirche barockisiert hat,
auch sonst in den alten Aufzeichnungen des Stiftes als
Käufer und Besteller der hervorragendsten Kunstwerke
begegnet; auch die gleich zu besprechenden Augsburger
Emailschalen tragen sein Wappen.) Der interessanteste
Teil unseres Zifferblattes ist die breite äußerste Zone,
welche in sechs durch Bäume abgegrenzten Relieffeldern
die Triumphe Christi, der christlichen Liebe, der Keusch-
heit, des Ruhmes, der Zeit und des Todes in herrlichen,
iigurenreichen, den Geist der italienischen Renaissance
atmenden Schnitzereien darstellt. Diese „Trionli", ein
beliebter Darstellungsgegenstand der italienischen Kunst
des XVI. Jahrhunderts (berühmtes Beispiel: die Elfen-
beintruhen im Grazer Dom), lehnen sich inhaltlich an Abb. s.
die gleichnamige Dichtung Petrarcas an. Christus trium- s'g"'"d" ch"s'"sk"'b"
_ Elfenbein (Stift Kremsmün-
phiert am Jüngsten Tage, thronend auf den Symbolen ster)