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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 6 und 7)

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denen neben zwei Marterszenen aus der Passion (Abb. 4) jene sinnreiche 
Montierung eines Weihbrunnens den ersten Preis verdient, die Christus und 
die Sarnaritanerin im Gespräch am Jakobsbrunnen darstellt; der Ziehbrunnen 
unter der schattigen Weinlaube bildet die Verkleidung für das Weihwasser- 
gefäß (Abb. 5). 
Eines der Prunkstücke der Sammlung, das noch näher zu beschreibende 
gewaltige Uhrzifferblatt, gehört gleichfalls hierher. Unter den barocken 
Arbeiten sei insbesondere auf einen prachtvoll bewegten heiligen Sebastian 
und einen rührend schönen, auf der Weltkugel stehenden segnenden 
Christusknaben (Abb. 6) verwiesen. Elfenbeinerne Schnupftabakdosen, die 
eine mit wunderbar zart geschnitzten Amoretten in Relief, die andere mit 
Goldemail und Miniaturmalerei verziert, führen bis ins XVIII. Jahrhundert. 
Die Malerei der letztgenannten Dose atmet die neckische Grazie der Zeit 
Watteaus und Bouchers: eine elegante, junge Reifrockdame hat den bösen 
Flügelgott, der ihr arg zusetzt, erwischt, legt ihn quer über den Schoß und 
züchtigt die nackte Reversseite des zappelnden Liebesgottes mit einem - 
Blumenstrauß . . . 
Eingehende Betrachtung verdient das fast einen 
halben Meter im Durchmesser messende, in Elfenbein 
geschnitzte Zifferblatt, vermutlich ein Werk der italie- 
nischen Renaissance. Es gehört zu den berühmtesten 
Kunstgegenständen von Kremsmünster, unter denen 
es sich seit dem Jahre 1682 befindet. Damals wurde 
es von dem Abte Erenbert II. Schrevogel um den Betrag 
von x03 Gulden angekauft; es ist gar nicht zu sagen, 
wie oft man diesen Betrag multiplizieren müßte, um 
den heutigen Geldwert des Objektes darzustellen. (In 
Parenthese sei bemerkt, daß der kunstsinnige Abt Eren- 
bert II., der bekanntlich die Stiftskirche barockisiert hat, 
auch sonst in den alten Aufzeichnungen des Stiftes als 
Käufer und Besteller der hervorragendsten Kunstwerke 
begegnet; auch die gleich zu besprechenden Augsburger 
Emailschalen tragen sein Wappen.) Der interessanteste 
Teil unseres Zifferblattes ist die breite äußerste Zone, 
welche in sechs durch Bäume abgegrenzten Relieffeldern 
die Triumphe Christi, der christlichen Liebe, der Keusch- 
heit, des Ruhmes, der Zeit und des Todes in herrlichen, 
iigurenreichen, den Geist der italienischen Renaissance 
atmenden Schnitzereien darstellt. Diese „Trionli", ein 
beliebter Darstellungsgegenstand der italienischen Kunst 
des XVI. Jahrhunderts (berühmtes Beispiel: die Elfen- 
beintruhen im Grazer Dom), lehnen sich inhaltlich an Abb. s. 
die gleichnamige Dichtung Petrarcas an. Christus trium- s'g"'"d" ch"s'"sk"'b" 
_ Elfenbein (Stift Kremsmün- 
phiert am Jüngsten Tage, thronend auf den Symbolen ster) 

	        
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