vielfach auf einzelne Techniken und Schulen spezialisiert. Der Kunsthandel
hat sich ebenfalls intensiv den neuen Bedürfnissen gewidmet; in Paris allein
ist eine ganze Kolonie armenischer Antiquare ansässig, die von ihren Reisen
und Ausgrabungen in Vorderasien immer neue Überraschungen auf den
Markt bringen. Leider geht daneben auch der „Märchentraum von Tausend-
undeiner Nacht" in den sich stets mehrenden Orientbasaren einer grauen-
haften Verwirklichung entgegen. Malerisch wünscht sich der europäische
Bürger seinen Orient und so wird alles aufgeboten, was das degenerierte und
neuer Impulse unfähige Kunstgewerbe der mohammedanischen Länder
heute hervorbringt, um dieser Forderung gerecht zu werden. Außerdem haben
sich der heimische Fabrikschund und die Fälschungsindustrie längst in
die morgenländische Konjunktur gefunden und fördern Erzeugnisse zutage,
die durch ihr Gegleiß und Geglitzer und die unerhörte Üppigkeit ihres Kolorits
alles in den Schatten" zu stellen scheinen, was an älteren Werken ernsten
Gewerbefieißes auf uns gekommen ist. Freilich, wer einmal an den starken
Anilinfarbenrausch echter Smyrnateppiche gewöhnt ist, wird schwerlich mit
dem bescheidenen Genuß älterer, diskreter Kunst vorlieb nehmen; er wird
immer wieder in den Basar flüchten, wo er sicher ist, die erwünschte Augen-
weide zu finden. Das Überhandnehmen dieser Orientware barg vor allem die
große Gefahr in sich, daß dadurch allmählich die ganze mohammedanische
Kunst gerade bei gebildeten Leuten diskreditiert und das Beste ihrer Schöp-
fungen weiteren Kreisen niemals bekannt würde. Unter solchen Umständen
fühlte man schon lange das Bedürfnis, durch spezielle Ausstellungen von her-
vorragenden Erzeugnissen der islamischen Kunstindustrie das Publikum auf
ihre wahren Werte hinzuweisen.
Die erste derartige Veranstaltung fand, allerdings in sehr bescheidenem
Maßstabe, 1878 in Paris statt. Ihr folgte 1885 eine größere „Exhibition of
Persian and Arab Art" im Burlington Fine Arts Club in London und 1890 die
bedeutende Teppichausstellung im Wiener I-Iandelsmuseum, die in ihrer Art
bisher unerreicht geblieben ist; 1893 zeigte Paris zum zweitenmal eine Reihe
von mohammedanischen Kunstschätzen, 1897 stellte Dr. F. R. Martin seine
reiche Sammlung in Stockholm zur Schau und zwei Jahre später Professor
Sarre in Berlin die seinige, die dann leihweise im Kaiser-Friedrich-Museum
verblieb. Zum drittenmal trat Paris 1903 mit einer großen „Exposition des
Arts musulmans" im Pavillon de Marsan, dem jetzigen Musee des Arts
decoratifs, auf den Plan, die ein reiches Material aus französischem und
fremdem Besitz vereinigte und zahlreiche neue Anregungen bot. 1905 fand
in Algier gelegentlich des Orientalistenkongresses eine kleine, aber instruk-
tive Ausstellung speziell nordafrikanischen Kunstgewerbes statt und 1907
veranstaltete der Burlington Fine Arts Club in London seine zweite „Exhibi-
tion", die sich diesmal aber auf die Keramik Vorderasiens beschränkte und
dank dem reichen Besitz der englischen Sammler eine vorzügliche Orien-
tierung über diese Arbeiten ermöglichte. Vom Februar bis April 1910 wurde
im Berliner Kunstgewerbemuseum ein anderes Spezialgebiet, die islamische