macht und daß die Anklänge an die ostasiatischen Formen vielleicht gerade
bei den reiner italienischen Stoffen zum Teile stärker sind als bei den räum-
lich dem Osten näheren orientalischen Erzeugnissen. Italien war in der
gotischen Epoche - soweit wir diesen Ausdruck für Italien gebrauchen
dürfen - für Zartes und Naturalistisches eben schon bereiter als im allge-
meinen der Orient."
Wir müssen bei der Erwähnung früh-italienischer Stoffe aber noch
eines bemerken, daß nämlich im späteren Mittelalter schon eine starke
Ausfuhr europäischer Stoffe nach dem näheren Oriente nachzuweisen ist.
Es hieße gewiß die ganze Entwicklung des Orients verkennen, wenn wir
die Bedeutung einer so ungeheuren Kulturmacht, wie sie Europa, insbeson-
dere Italien, seit jener Zeit darstellt, aus der Betrachtung des Orients aus-
schalten wollten, hatten Italiener im Orient wiederholt doch auch das Münz-
monopol inne. i__
Dieser europäische Einfluß ist sicher auch früh schon bei der Wieder-
erweckung der national-persischen Kunst unter den Saf-iden mittätig
gewesen. Wir meinen nicht so sehr, daß, wie uns berichtet wird, zu Beginn
des XVI. jahrhunderts tatsächlich italienische Künstler an den persischen Hof
berufen wurden, denen andere dann folgten; wichtiger erscheint uns, daß
die freiere Auffassung des Persers, die dieser auch der Natur gegenüber
bewahrte, und sein weniger abstraktes Denken ihn in der europäischen Kunst
in mancher Beziehung Verwandtes, aber auch Überlegenes erkennen lassen
mußte. Und aus solcher Empfindung ergeben sich immer von selbst Ein-
wirkungen. Auch der Wechsel von Gesandtschaften zwischen Persien und
Europa, besonders Venedig, politisch aus der gemeinsamen Gegnerschaft
gegen die Türken hervorgehend, mag hiezu fördernd beigetragen haben.
Aus ähnlichen inneren Gründen, wie den oben angeführten, hatte sich in
Persien vorher schon der chinesische Einfluß stark geltend gemacht und
wirkte fort, von Werk zu Werk sich fortpflanzend, manchmal wohl auch
durch neue Einflüsse des Ostens aufgefrischt.
Mit der jungen national-persischen Kunst des XVI. ]ahrhunderts hebt
nicht nur, wie auf allen Gebieten der Kunst, so auch auf dem der Textilkunst
eine neue Blüte an, sondern es beginnen auch ganz neue Typen, die in der
früheren mohammedanischen Kunst einfach unerhört gewesen wären, wie
die reichen Figurenstoffe, bei denen das Figürliche nicht nur nebensächlich,
sondern geradezu als Hauptsache erscheint.
In dem wundervollen Stück aus dem Museum der Prager I-Iandels- und
Gewerbekammer, das hier auf Seite 451 abgebildet ist, sind auch die chine-
sischen Einzelheiten, wie die Throne oder Wolkenforrnen, noch besonders auf-
fällig. Die feinen Ranken finden in einigen der besten Teppiche ihr Gegen-
"' Wir wollen hier bemerken, daß uns seinerzeit durch einen Wiener Gelehrten die Meinung zugeschrieben
wurde, als hätten wir das für die europäische Gotik so bezeichnende Weinlaubrnuster überhaupt für ostasiatisch
erklärt; nein, wir wollten nur hervorheben, daß die zahlreichen ostasiatischen Stoffe dieser Art das Motiv
gefördert haben, und haben dafür auch die Schmetterlinge in dem Weinlaub angeführt, die Europa in der vor-
hergehenden Zeit als Ornament geradezu unbekannt waren, während sie sich in Ostasien sehr häufig Enden