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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 8 und 9)

besonders lange die alten strengeren Muster fortgeführt und in volkstüm- 
licher Weise noch weiter vereinfacht zu haben. Nun dringt, so wie in die 
Teppiche, überall etwas von persischen Anregungen ein. Wir wissen, daß 
Persien zahlreiche Teppiche und Stoffe in die türkischen Gebiete ausführte; 
aber auch persische Arbeiter waren dort in den Werkstätten der Sultane 
beschäftigt. 
Manches wird sich daher gar nicht oder nur schwer scheiden lassen; 
bei manchem haben wir aber deutlich die Empfindung, daß es sich nur um 
Erzeugnisse türkischen oder angrenzenden Gebietes handeln könne. In den 
türkischen Arbeiten treten übrigens, bei dem lebhaften Verkehre mit Venedig 
und Genua begreiflicherweise, auch wieder neue italienische Einwirkungen 
auf. Von den Stoffen des XVII. und XVIII. Jahrhunderts, die heute aus der 
Türkei in den Handel kommen, ist offenbar sogar ein Teil in Italien selbst, 
und zwar mit besonderer Rücksicht auf den türkischen Geschmack, her- 
gestellt worden; denn wir wissen, daß insbesondere Venedig, seit es den 
europäischen Absatz fast ganz an Frankreich abtreten mußte, hauptsächlich 
für den Orient arbeitete. 
Doch darf uns dies nicht verhindern, besonders für das XVLJahrhundert, 
eine eigene türkische Entwicklung anzunehmen. Sie schließt sich, wie gesagt, 
vor allem an die strengere ältere Richtung an, entweder an die mehr geo- 
metrischer Art oder an die „Granatapfelstoffe", die sich im späteren Mittel- 
alter als eine Art Gegenwirkung gegen die zierlicheren Stoffe, jedoch auf uralter 
Grundlage, besonders entwickelt und bekanntlich auch Europa sehr beeinflußt 
haben. (Aus dieser Richtung stammt zum Beispiel auch der in der Mitte der 
Abb. 27 sichtbare Stoff.) Zu diesem Alten treten nun die neuen persischen 
Einwirkungen. Dem türkischen und zugleich dem mehr volksmäßigen Geist 
entsprechend, erscheinen die Formen und Farben den persischen gegenüber 
aber vereinfacht und verstärkt, wie wir sie zum Beispiel auf der Abbildung 
auf Seite 461 erkennen. Dieser Stoff (aus dem Besitze Kelekians in Paris) 
wirkt im Bilde fast wie eine der sogenannten Damaskusfayencen, die nach 
einer berechtigten Meinung wohl auch großenteils kleinasiatisch-türkischer 
Erzeugung sind. 
Wenn man bei Stoffen fast immer von Brussa spricht, liegt dazu wohl 
kein stichhaltiger Grund vor; die Textilindustrie scheint auf viele Orte aus- 
gedehnt gewesen zu sein. Reiche Erkenntnis auf diesem Gebiete haben wir 
von einem demnächst erscheinenden Werke Karabaceks zu erwarten. 
Das auf Seite 463 abgebildete Männerkleid aus dem Besitze des 
Grafen Wilczek zeigt die große Schlichtheit türkischer Arbeit zugleich mit 
feinempfundenen Blumenranken, die ohne Persien wohl nicht zu denken 
sind; auch italienische Einwirkungen glaubt man bemerken zu können. 
Besonders beliebt sind dann, wie schon hervorgehoben, die großen Kugel- 
und Mondmuster, die bei den Türken einen eigenen Sinn gewonnen haben. 
Als Eigenheit türkischer Arbeiten wird häufig die Vorliebe für Blumen- 
darstellungen, Tulpen, Nelken, I-Iyazinthen und so weiter, hervorgehoben;
	        
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