475
auf vielen Gebieten klärenden Teppichwerk von Dr. F. R. Martin ist meiner
Ansicht nach die Entstehungszeit
einer großen Anzahl von Teppichen
um Jahrhunderte zu früh angesetzt.
Dies hat auch Wilhelm Bode in
seiner eingehenden Kritik des Mar-
tinschen Werkes stark hervor-
gehoben (Monatshefte für Kunst-
Wissenschaft 1908, S. 924). Die
erwähnten Tierteppiche dürften in
der Blütezeit der Saiidendynastie,
im Laufe des XVI. Jahrhunderts,
einige vielleicht auch noch im
Beginn des XVII. Jahrhunderts ent-
standen sein. Unter den persischen
Baumteppichen ist das berühmte
Stück des Grafen Clam-Gallas in
Wien (Nr. 28) und der imposante
Teppich von Mr. Williams in Norris-
town, U. S. A. (Nr. 25), zu nennen,
der seit längerer Zeit als Leihgabe
im Kaiser Friedrich-Museum zu
Berlin aufgestellt, von mir frühe-
stens in die Mitte des XVI. Jahr-
hunderts datiert wirdf" während
Martin ihn ein und ein halbes Jahr-
hundert früher entstanden glaubt
(Oriental Carpets, S. 35). Einer der
frühesten unter den ausgestellten
persischen Teppichen, noch aus
dem Beginn des XVI. Jahrhunderts,
möchte der schöne große Teppich
mit rotgelber Mittelrosette und zar-
ten, streng gezeichneten Arabesken-
ranken auf grünem Grunde sein, der
aus dem Besitze von Baron Tucher
in Wien stammt (Nr. 41; abgebildet
im Wiener Werk, II, Taf. 4). Das
Fehlen aller ostasiatischen Deko-
rationselemente ist für diese, wohl
im Nordwesten von Persien zu
lokalisierende Gruppe charakteri-
"' Amtliche Berichte aus den königlichen
Kunstsammlungen, igoglxo, S. 145 B".
Abb. I4. Gewirkter persischer Seidenteppich mit Me-
xallgrund, erste Hälfte des XVII. Jahrhunderts (Königl.
Residenz, München)
63'"