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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 8 und 9)

nach dem Standpunkt des Betrachters sich ändert und von den hellsten zu 
den tiefsten Tönen wechselt, die Feinheit und Kompliziertheit des Musters 
mit dem kräftigen Mittelstern und den ihn umgebenden kleineren geometri- 
schen und bortenartigen Gebilden machten den Teppich zu einem der am 
meisten bewunderten Gegenstände der gesamten Ausstellung; ja, er wurde 
vielfach dem Jagdteppich vorgezogen. Es ist wohl kein Zweifel, daß wir es 
auch in diesem Falle mit einem für besondere Zwecke gefertigten, außer- 
gewöhnlichen Stücke, spätestens aus dem Beginne des XVI. Jahrhunderts, 
zu tun haben, das vielleicht gleichfalls als kaiserliches Geschenk hergestellt 
worden ist und so seinen Weg in die Wiener Hofburg genommen hat. 
Unter den indischen Teppichen nahmen den ersten Platz die beiden 
herrlichen Teppiche des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie 
ein, die durch das Wiener Teppichwerk (I, Taf. 1 und 84) allgemein bekannt 
geworden sind. Während bei dem Tierteppich (Nr. 172) eines der Merkmale 
der indischen Teppiche in dem bildartig, unsymmetrisch komponierten 
lnnenfelde mit der von Vögeln belebten Baumlandschaft besonders klar zum 
Ausdruck kommt, zeigt der Gebetsteppich (Nr. 173) die Feinheit der Knüpfung, 
den Reichtum der Phantasie, die Freudigkeit der Farben in der zwischen den 
hellgrünen Zypressen auf tiefrotem Grunde angeordneten Blumenstaude auf 
ihrem Höhepunkte. Die Spanish Art Galleries in London hatten einen sehr 
großen indischen Teppich (Nr. 176) geliehen, dessen Mittelfeld auf rotem 
Grunde wiederum ein bildartig angeordnetes helles Blütenmuster mit den 
charakteristischen Federblättern und Traubendolden zur Anschauung bringt, 
während in der Borte ovale und runde Medaillons miteinander abwechseln. 
Eine gleich gezeichnete Borte begegnet uns auf einem bisher nicht ver- 
öffentlichten Teppich des Herrn Karthaus in Potsdam (Nr. 175, Abb. I7); hier 
zeigt das Mittelfeld, wiederum in seiner unsymmetrischen Komposition, Tiere, 
die zwischen den schon charakterisierten typisch indischen Pflanzen- und 
Blumenmotiven angebracht sind. 
Von sonstigen Teppichen indischer Provenienz verdienen ein Fragment 
mit kämpfenden schwarzen Elefanten auf rotem Grund (Nr. 17g; Besitzer 
Professor Sarre in Berlin) und endlich zwei Bruchstücke eines sehr merk- 
würdigen Teppichs erwähnt zu werden, die sich aus dem Besitze des Herrn 
Roden in Frankfurt a. M. (Nr. x80) und M.]euniette in Paris (Nr. 18x; Abb. 18) 
auf der Ausstellung wieder zusammengefunden haben. Wie der Phantasie 
eines Höllen-Brueghel entsprungen, sind auf dem für indische Teppiche typi- 
schen weinroten Grunde in losem Zusammenhang unwahrscheinliche und 
phantastische Tierliguren verstreut, oder vielmehr nur einzelne Tierkörper 
angeordnet, die miteinander dadurch verknüpft sind, daß sie sich untereinander 
verschlingen oder in einer grotesken Zusammenstellung neue Tierfiguren 
bilden. Aus einer Schildkröte als Mittelpunkt wachsen die Köpfe von 
Nashörnem, die einen Hasen verschlingen, heraus, und jene Nashornköpfe 
bilden ihrerseits wiederum zusammen mit aneinandergereihten Vogelköpfen 
die Gestalt eines Wasserkrebses. Es würde zu weit führen, auf diese
	        
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