ganze Mittelalter hindurch die Arabeske, die sich in diesem Kunstzweige
vielleicht am üppigsten entfaltet hat. Zu besonderer Blüte gedieh sie in der
Schule von Kairo in Verbindung mit den überlieferten geometrischen Mustern.
Ein prächtiger Koran der Sammlung Moritz zeigt diesen Stil in seiner
höchsten Vollendung (siehe Abb. 21). Die Farben sind damals noch sehr
diskret: neben Gold kommen besonders Blau und Braun zur Verwendung;
das letztere wird später durch ein grelles Rot ersetzt.
In spanischen und marokkanischen Handschriften findet man fast den
ganzen Formenschatz der maurischen Bauten Andalusiens wieder; die
Farbenskala ist dort gewöhnlich größer und in Arbeiten jüngeren Datums
wenig gedämpft; das Gold verschwindet allmählich ganz.
In Persien erreicht im XV. Jahrhundert der ornamentale Dekor seinen
Höhepunkt; hier sind neben den Titeln besonders die kleinen arabischen
Kapitelköpfe in den Werken persischer Dichter, meist in weißer Tinte auf
buntem Rankengrund, von eigenem Reiz. Nach der historischen Überlieferung
hat vor allem die Schule von Tebriz diesen Stil gepflegt und die besten Ara-
beskenzeichner hervorgebracht. Zu ihnen gehörte auch der Illuminator eines
Korans vom Jahre 1463, den das Museum der Handels- und Gewerbe-
kammer zu Prag ausgestellt hat, Ahmed ben Mohammed von Tebriz. Von
dort wurden später viele Künstler an den neuen Hof von Konstantinopel
gezogen, wo sie eine eigene Zunft bildeten, deren Erzeugnisse sich wegen
der engen Verwandtschaft mit Persien nur schwer aussondern lassen; ost-
asiatische Elemente, wie das Wolkenband, sind auf solche Weise ebenfalls
in die türkische Buchkunst gelangt, in der im übrigen die naturalistische
Blumenranke seit dem XVI. Jahrhundert an die Stelle der Arabeske getreten
ist. Ein schöner, 1565 datierter Koran aus dem Hamburger Museum für
Kunst und Gewerbe, von Mohammed ben Ahmed „von Tebriz", vielleicht
aus der Familie des oben genannten Kalligraphen, zeigt am deutlichsten
diesen Ursprung der Stambuler Schule. Als eine ihrer besten Leistungen
können wir ferner einen großen Prunkkoran betrachten, aus dem fünf präch-
tige Zierblätter in die Sammlung Zander (Berlin) gelangt sind (siehe Abb. 22).
Mit der Okkupation durch die Osmanen hat dieser persisch-türkische Buch-
stil auch in Ägypten Eingang gefunden und es ist in den meisten Fällen heute
noch unmöglich, kunsthistorische Bestimmungen in dieser Hinsicht mit
genügender Sicherheit zu machen.
Die eigentliche Miniatur, die für uns natürlich den interessantesten
Bestandteil des ganzen Buchschmucks ausmacht, ist vielen mohamme-
danischen Ländern völlig unbekannt geblieben, was sich aus der strengen
Beobachtung des Bilderverbotes von selbst ergibt. Aber sie ist trotzdem auch
im sunnitischen Gebiet hie und da vorgekommen. Den Grund dafür wird
man nicht allein in religiöser Skrupellosigkeit und in einem künstlerischen
Bedürfnis nach figürlicher Illustration erblicken dürfen, sondern man muß
vor allem auch berücksichtigen, daß sie in Anlehnung an fremde Vorbilder
entstand und oft geradezu nach solchen kopiert wurde. Handelte es sich zum