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Unterdessen waren mit den Timuriden, die, aus Persien durch die
einheimische Dynastie der Safawiden verdrängt, in Hindustan das Reich
der Großmoguln von Delhi zu Beginn des XVI. Jahrhunderts gegründet
hatten, die Traditionen der Schule von Samarkand nach Indien gelangt, wo
sie den Anstoß zu einer neuen, bemerkenswerten Entwicklung gaben. Diese
ging von dem feinen zeichnerischen und farblosen Stil aus, der sich als
Reaktion auf die breite und farbenfreudige Manier des XV. Jahrhunderts in
Westturkestan ausgebildet hatte, und von dem uns nur wenige Beispiele
erhalten sind. Unter ihnen müssen wir drei winzige Zeichnungen aus dem
Besitze von Professor Curtius in Erlangen und zwei größere Stücke der Samm-
lung Sarre hervorheben, die religiös-mystische Gedanken zum Ausdruck
bringen und uns in die Genienwelt des Islam führen (siehe Abb. 29). In Indien
stellte sich allerdings sogleich ein Bedürfnis nach Kolorit ein, das sich dann
aber aus Mangel an direkter Übermittlung sehr selbständig äußern konnte.
Den wichtigsten Faktor freilich in der Entfaltung der indischen Miniatur-
malerei bildete die ständige Förderung durch die Herrscher, an deren Hofe
sich die Kunst völlig konzentrierte. Vor allem sind es das Porträt und die
Landschaft gewesen, in denen es der Mogulstil bis zur äußersten Voll-
endung gebracht hat. Das starke Empfinden für alle Elemente malerischer
Stimmung und die außergewöhnliche Begabung, die Natur im dekorativen
Sinne ästhetisch zu mo-
deln, sind die uner-
reichten Vorzüge dieser
Künstler. Ihre Minia-
turen wurden, inAlbums
gesammelt, mit allerlei
Rankenwerk umrahmt,
um von dem glücklichen
Besitzer in seinen Muße-
stunden andächtig be-
trachtet zu werden. Eine
größere Anzahl solcher
Sammelbände, die zum
Teil Arbeiten berühmter
Maler enthalten, besitzt
unter andern das Ber-
liner Museum für Völ-
kerkunde, aus dessen
Bestand wir hier ein
Reiterbildnis wiederge-
ben (siehe Abb. 30).
An Einzelblättern finden
sich besonders wichtige
Abb. 34. Bestürmung einer Burg. Silberschale, Persien, frübsassanidisch
(Kaiserliche Ermitage, St. Petersburg) Stücke aus den Samm-