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feinen Überlaufglasuren werden hier produziert; über gelbkrisseligen Grund ziehen sich
grüne Flüsse; Melonentöne mischen sich mit dem gallertigen Grau der Auster, und panther-
tupfig Beckt sich die Haut eines dreigehenkelten Kruges. Wiederkunft geschah auch dem
alten Bunzlau, dem schlesischen Topfmarkt. Die Arbeiten, die man hier sieht, haben
eine licht asphaltgraue Glasur, auf der
der Dekor hellgrün und blau Hüssig
schwimmt. In dem Fond der" Teller
ist oft in das Kreisrund eingeschmiegt
figural-heraldischer Zierat: Adler oder
Schwan. Daneben gibt es auch Kolori-
stik mit flammigen Malachitsprenkelun-
gen und metallischen ReHexen, die sich
dadurch steigern, daß die Wandungen
rillig geschnürte Form haben.
Die Karlsruher Majolikamanufak-
tur brachte Kacheln und Teller nach
Entwürfen Hans Thomas. Faunen-Bam-
bini tummeln sich bocksfüßig; aus grün-
gelb moosigem Grunde taucht ein Pan-
kopf; ein Chantecler kräht die Sonne
an; ein Vogelweib, eine Stymphalide
schreitet spreizig im starrenden Feder-
kleid; Nachteulen, braun getiedert, sitzen
auf japanisch verästetem Baumgezweig
in blauer Nacht vor der weißen ä aus
dem blauen Grund ausgesparten g
Mondseheibe. Solche Keramik ist fer-
ner für das Zifferblatt einer Wanduhr
verwendet: eine strahlende Sonne, in
lieblich naivem Bilderbogenstil lacht
oben aus der Ecke, und unten ist eine
Schneckenidylle.
Neu und sehr qualitätvoll traten
die Schwarzburger Werkstätten, geleitet
von Max Adolf Pfeifer zu Unterweiß-
bach, in Schwarzburg-Rudolstadt auf.
Sie widmen sich der Porzellankunst,
vor allem der Kleinplastik, und sie brin-
gen große Wirkung mit der einfarbigen
weißenGlasur hervor. Ein famoses Stück
ist der kollernde, aufgeplusterte Trut-
hahn mit dem schuppigen Muster der
hohl gekrümmten aufgestellten Flügel.
Das Mittelstück mit dem aufgesträubten
fächerigen Schweif wirkt wie ein Füll-
horn. Moderne Bildhauer wurden zur
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Aus dem Fachkurse für Textilzeichner in Wien. Entwurf
für einen Behang von Vinzenz DitE
Mitarbeit gewonnen. So der originelle Ernst Barlach, der in seinen Holzskulpturen so
feines Gefühl für das Material und die breite Fläche bewies. Er zeigt das auch in den
Porzellanfiguren, einem kauernden russischen Mädchen, in einen Kittel gewickelt, aus dem
ein Bein nackt sich streckt, was dem Ganzen eine bewegte Silhouette gibt, und der Gruppe
des Muschik, der liegend auf der Balalaika spielt, während eine Frau in Mantel und Kapuze,
unter der sich die Umrißlinien des Körpers zeichnen, daneben sitzt.
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