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Volltext: Hohe Warte - Illustrierte Halbmonatsschrift zur Pflege der künstlerischen Bildung und der städtischen Kultur, 3. Jahrgang 1906/07

MODE UND HANDARBEIT 
FRHUENTRHCHT VOR HUNDERT 
□ JHHREN o 
M it dem Lebensbild, das uns in dem alten feinen 
Möbel der Kultur am Hnfang des XIX. Jahr 
hunderts entgegentritt, fteht die Tracht in 
Übereinftimmung. Namentlid) die Frauentracht ift 
es, die untere Hufmerkfamkeit erweckt, weil fich in 
ihr Grundlage verkörpern, die wiedergefunden werden 
follen. Manche wertvolle Hnregung ift aus dem Kleid 
diefer Kulturepoche zu holen. Es kann fich nicht dar 
um handeln, eine Kopie der alten Form zu bilden, 
wie etwa der neueftens von Paris ausgehende Mode 
begriff »Empire-Reform« betagt. Empire-Reform be 
deutet eine rein äußerliche Hnfchmiegung an das 
Empirekleid, darunter fich noch immer die Fifchbein- 
taille verbirgt. Es ift das alte Lafter in einer neuen 
Form. Die künftlerifche Reform des Kleides gebt von 
dem Konftruktiven aus. Die alten, hier erficbtlicben 
Modebilder fcbeinen verwandte Grundlage zu bergen. 
Die Merkmale find: Vermeidung der fogenannten 
Taille, ungeteilte Form des Kleides, das von den 
Schultern getragen, durch den Bund knapp unter der 
Bruft geftü^t, von hier in reichen, ungebrochenen 
Falten abfließt. Es find fehr vornehme Gefellfcbafts- 
kleider, ihr Reiz beftebt in einer geradezu verblüffen 
den Schlichtheit. Die Qualität des Stoffes entfcbeidet, 
fowie die Anwendung wertvoller, künftlerifcber Hand 
arbeit. Wie fie durch die Farbe wirkten, können wir 
aus den Bildern nicht wiffen. Sicher ift, daß in diefer 
Beziehung für den Künftler ein Märchen möglich ift. 
Der Grundfat) bleibt, daß die wefentlicbe Form des 
Kleides ein künftlerifcbes Bekenntnis des fcbledbtbin 
Notwendigen fein folt. Für das gute Kleid gilt, wie 
mehrfach erficbtlicb, die fcböne Variante, daß die 
Nabt zur Tugend gemacht werde. □ 
EDLE TRHCHT 
I * erachte eine wahrhaft edle Tracht als ein wich 
tiges Erziehungsmittel. Sie ift für jedes Volk, das 
eine lebenskräftige Kunft zu haben wünfcbt, die 
fich mit der Darftellung der menfcblicben Natur befaßt, 
eine unumgängliche Notwendigkeit. Ohne die herr 
lichen und pbantafiereicben Trachten des 13. bis 16. 
Jahrhunderts hätten die franzöfifchen, die florenti« 
nifchen oder die venezianifchen Künftler keineswegs 
die Höbe erreicht, zu der fie gelangten. Selbft aber 
dann war die koftfpielige Tracht nicht immer die 
befte. Ihre Wirkung in früheren Zeiten hing vielmehr 
von der befcbeidenen, fcbönen Hnordnung und der 
Farbenpracht ab, als von dem Glanz der Spangen und 
Stickereien. D 
KINDERKLEIDER aus der WERKSTATT FÜR KÜNSTLE 
RISCHE FRAUENKLEIDUNG, Hedwig Bufcbmann, Berlin. 
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