Meer, rein ornamental aus dem Material und der Metalltechnik heraus entwickelt mit den
getriebenen Wellen, den feinen Punzierungszieraten auf den Kleidern, den körnigen
Granatfrüchten und dem wuchtigen Gesimskranz auf dem breiten Rand.
BERLIN. AKADEMIE-AUSSTELLUNG IQII. Die Kunstakademie hält in
diesem Jahr wieder Ernterevue über ihre in- und ausländischen Mitglieder. Das
Gesamtklima ist recht ruhig, ohne Aufregung, es wandelt sich dabei angenehm in den
Sälen und Kabinetten, die geschmackvoll undin abwechslungsreicherWirkung angeordnet
sind.
Der Chroniqueur verzichtet dabei gern auf den Ehrgeiz einer Totalwiedergabe und
bewahrt dafür lieber ein paar Werke von starker Qualität.
Und da drängt gleich beim ersten Blick gewaldg an die gigantische Statue des
Ringers von Lederer, dem Schöpfer des Bismarck-Denkmals. Von Kraft geschwellt und
in Kraft gebändigt, so steht diese Gestalt da, im Spiel ihrer Muskeln. Der Moment ist fest-
gehalten, da der Ringer zum Angrili" vorrückt und seine Haltung bedeutet ein bereites,
gespanntes Ausgreifen, das im nächsten Augenblick ein klammemdes Zupacken sein wird.
Ein bildnerisch fruchtbarer Moment, denn er stellt die Summe aufgespeicherter Kraft kurz
vor der Entladung dar. Und künstlerisch bewältigt ist das mit einer stilistischen Großheit,
die in der gestaltenden Herrschaft an die Kämpferskulpturen der Antike denken läßt und
dabei von persönlichstem Leben erfüllt ist.
Auch den Aachener Löwen Lederers sieht man hier. Gestreckter Tierleib, naturhaft
aufgenommen, wie die Hamburger Bismarck-Adler _ dessen Modell Hans in Lederers
Atelier sein vergnüglich Fleischfresserwesen trieb - und gleich diesen frei ornamental
behandelt zu einer großen, einfachen Ewigkeitsform.
Noch eine Porträtskulptur desselben Meisters fesselt, ein Richard Strauß-Bildnis in
der eigentümlich schwanken Haltung und den halbgeschlossenen Augen von zwingender
Wesensechtheit.
Diesen beschwörerischen Zwang vermißt man diesmal bei zwei Plastiken Rodins _
wenigstens nach den Erwartungen, mit denen man vor diesen Großen hintritt. Und dazu hat
er sich noch zwei Menschenköpfe von sprühender Dämonie gewählt: Shaw und Mahler.
Rodin schöpfte - was zu verwundem bleibt -- nicht ihre höchsten Möglichkeiten aus,
sondern gab nur ihren bürgerlich alltäglichen Umriß, Genie in Zivil.
Zu langer und eindringender Betrachtung locken die Radierungsserien FrankBrang-
wyns. Eine zyklopisch ballende Scbwarzkunst von Rembrandtschem I-Ielldunkel schafft
in ihnen. Ihr Stoß" sind Architekturen, venezianische Durchblicke unter Brückenbogen;
Schiffsrümpfe, schräg gestrandet gleich Wallfischkadavern; Kanalwinkel und Uferstriche
der Giudecca, wo - man fühlt die Verse Hoffmannsthals -
„Wo morsche Leiber alter Schiffe liegen
Und langsam faulend, auf das hohe Meer
Aus blinden Augenhöhlen . . ."
düster starrende Bergwerksschachte, Windmühlen im Gewölke; Arbeit und Rhythmus an
den Häfen mit geschlossenen Massen und wuchtenden Lasten; kletternde Gerüste um
Neubauten und das zackige Stückwerk der Abbruchhäuser, moderne Ruinen. Die Trümmer-
stätten von Messina geben gewaltigen Vorwurf und das Charakteristische Brangwyns
erkennt man am ausgeprägtesten in dem Blatt, das die venezianische Maria della Salute
durch die überschneidende Netzverstrickung einer Takelage hindurch zeigt. Die modernen
Motive der Arbeit und Technik bringt Brangwyn so mit visionärer Kraft zu machtvollem
symbolischen Ausdruck.
Eine Arbeit Liebermanns scheint in dieser Versammlung besonders wertvoll, weil sie
einen prachtvollen Gegenbeweis gegen sein Altersnachlassen führt. Es ist ein groß und
energisch aufgebautes Bildnis des Frankfurter Bürgermeisters Adikes, handfest, körnig,
leibhaftig. Dagegen scheint die Stucksche Familiengruppe - er im Gehrock mit seiner Frau