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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 2)

Section Y. Schafwollenwaaren. Die Teppichfabrikation. 469 
land, und zwar im grossartigsten Maassstabe von der Firma John 
Crossley in Halifax, die geschorene und bedruckte Ketten in die 
verschiedensten Länder lieferte, ausgeführt wurde, wird jetzt auch bei 
uns. in Deutschland in gleicher Vollkommenheit angewendet. Es sind die 
Fabriken von M. Protzen & Sohn in Berlin und Leopold Schöller& 
Söhne in Düren, deren selbstgedruckte Teppiche in Solidität und 
Farbenschönheit die Concurrenz mit den englischen aushalten. 
Ganz eigenthümlich ist die Fabrikation der auf Chenillemanier 
hergestellten plüschartigen Teppiche. Dieselbe besteht in Folgendem: 
Es wird zunächst ein glattes Gewebe hergestellt, dessen Kette aus ein 
zelnen sehr flüchtig vertheilten Fädenpaaren (Leinen oder Baumwolle) 
besteht, und dessen Schuss (Wollengarn) in verschiedenen durch das 
Muster angezeigten Farben dicht eingeschlagen wird. Schneidet man 
nach der Vollendung dieses Gewebes dasselbe in der Mitte zwischen 
je zwei Kettfädenpaaren durch, so erhält man raupenförmige Fäden, 
deren Kette, durch den dichten Einschlag verdeckt, demselben nur zum 
Halte dient, und welche in ihrer Färbung das vorgeschriebene Muster 
repräsentiren. Diese Fäden werden nun in das eigentliche Teppich 
gewebe, dessen Kette aus Leinengarn besteht, eingelegt, das Muster 
sauber auf einander gepasst und durch Aufkämmen der feinen Chenille 
fäden mit einem metallenen Kamme ein gleiehmässiger Flor erzeugt. 
Durch dazwischen geschlossene leinene Grundsehusse wird dem Ge 
webe Consistenz und Solidität gegeben. Die sämmtlichen in der Vorarbeit 
in der Breite des Gewebes erzeugten Fäden haben selbstsverständlich 
die nämliche Musterung und muss zu deren vollständigen Verarbeitung 
die gleiche Anzahl Teppiche fabricirt werden, wenn sich nicht im Rap 
porte des Musters derselbe Faden mehrmals wiederholt. Es wird hier 
durch die Fabrikation dieser Teppiche insofern erschwert, als von 
jedem Muster zu gleicher Zeit Material für eine grössere Zahl dersel 
ben angefertigt werden muss. Dagegen ist der Nüancirung des Mu 
sters ein solcher Spielraum gegeben , wie es bei der Arbeit mit dem 
Jacquard und selbst durch das Druckverfahren nicht möglich ist, indem 
ohne Vertheuerung die Farbenzahl fast ins Unendliche vermehrt und 
der Zeichnung jede mögliche Feinheit gegeben werden kann. Die 
Höhe des Flors hängt bei diesem System von der Entfernung der Kett 
fäden in der Vorarbeit von einander, wodurch die Breite der Chenille 
fäden bestimmt wird, ab. Diese Fabrikation wird in Frankreich und 
England in grosser Vollendung geübt, von ausgezeichneter Güte sind 
besonders die Producte letzteren Landes. 
Wenden wir uns jetzt zu der Ornamentation der europäischen 
Teppiche, so finden wir zwei Richtungen im Streite mit einander. Es 
ist zunächst die orientalische, welche den Teppich nach der orientali 
schen Sitte, mit Flächenornamenten, stilisirten 1 iguren bedeckt ent 
weder in gleiehmässiger Verstreuung über denselben, oder abgepasst,
	        
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