erscheinen. Hier jedoch liegt nicht Vereinfachung und Kräftigung vor,
sondern mehr mangelhafte Nachahmung und Unkönnen.
Es war eben in gewissem Sinne das Verhängnis der späten Antike,
daß die so ungeheuer entwickelte griechische und später griechisch-römische
Kunst alles Ältere, was noch an Volkskunst vorhanden war, auf weiten Ge-
bieten einfach vernichtet hat, so daß sich höchstens an den Grenzen des
ungeheuren Kulturgebietes, so in Mesopotamien, in Ägypten und sonst im
Umkreise, einiges Selbständige erhalten hat. Im übrigen war alles in einer
mehr oder weniger allgemeinen Weltkunst untergegangen, in der dann das
wenige lebendig gebliebene, künstlerisch Nationale als minder abgebraucht
wieder gierig erfaßt, bald zur Weltmode wurde und so in das allgemeine
Chaos mit einfloß.
Erst mit der Zertrümmerung des Weltreiches und des noch länger beste-
henden Welthandelsgebietes konnte sich aus diesem Chaos durch Hervor-
heben gewisser Seiten und Richtungen der Kunst Neues von wirklich indivi-
duellem Leben entwickeln.
Das Bemerkenswerte ist nun aber, zu sehen, wie sich zu aller Weiter-
entwicklung schon in den erwähnten Zeiten die Ansätze finden, so wie wir
heute zum Beispiele schon in syrischen Kirchen des VI. Jahrhunderts Ver-
gleichspunkte mit hochentwickelten romanischen Bauten oder mit mu-
hammedanischen Werken kennen gelernt haben.
Die meisten erhaltenen Stücke, die uns hier beschäftigen, sind Einsätze
von Kleidungen, allenfalls von Vorhängen und Behängen. Wie diese Einsätze
angebracht waren, kann
uns am besten die Dar-
stellung des Gewandes
auf Seite 240 zeigen.
Wir sehen hier, wie wir
uns auszudrücken pfle-
gen, die Ornamentie-
rung noch in tektoni-
scher Verwendung, das
heißt an den Stellen, die
durch den Organismus
der Kleidung oder des
darunterliegendenKör-
pers als besonders
wichtig herausgehoben
werden sollen, so etwa
die Umsäumung der
Ärmel, die Stelle, wo
der Arm an den Leib
ansetzt, die unteren
Einsatz eines spälantiken Gewandes. Farbige, hauptsächlich dunkelviolette
Wolle und weißer Leinenfaden. 11'; der natürlichen Größe ECKCD dCS SCiÜiCh ge-