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len wir hier kein abschließendes Urteil
wagen. Sollten einige unserer Arbeiten
wirklich in muhammedanische Zeit rei-
chen - was wir Riegl gegenüber nicht als
ausgeschlossen gelten lassen wollen -, so
würden sie den allmählich sich vollziehen-
den Übergang fast noch deutlicher veran-
schaulichen und die verwandten, offenbar
antiken, Arbeiten würden umso klarer als
VorstufendesMuhammedanischenerschei-
nen. Aufjeden Fall erkennen wir aber, daß
Formen, die erst in später muhammeda-
nischer Zeit ihre wirkliche Entfaltung er-
reicht haben, fast durchaus schon in der
frühesten Epoche der muhammedanischen
Kunst, ja in deren antiker Vorzeit, vorge-
bildet erscheinen. Wir geben zu, daß hier
nur das Zusammenarbeiten des Orienta-
listen und des Kunsthistorikers die Erit-
scheidung bringen kann; um so mehr wollen
wir dazu anregen, daß die Werke, die wir
nun im Museum zur zeitweiligen Ausstel-
lung bringen und zu ernster Arbeit stets
gerne zugänglich machen, künstlerisch und
wissenschaftlich betrachtet werden; denn
sie können einerseits durch den Reichtum
ihrer Formenwelt Genuß bereiten, anderer-
K. k. Kunstgewerbeschule in Wien. Deckelvase, _ _
Fayence, braun und w: engobiert mit ausge- seits die Erkenntnis einer bedeutenden
kratztem Ornament, Entwurf und Ausführung
von wenn! 0mm (szhule Professor Lamm Kunstentwicklung erschließen und dadurch
als Zeugen einer großen menschlichen
Entwicklung erscheinen. Gerade die großen Zusammenhänge, die unsere
Arbeiten mit den ihnen vorangehenden und folgenden Schaffensepochen
zeigen, machen auch wieder recht klar, wie langsam sich Stile im großen
entwickeln, wie aber umgekehrt die Entwicklung nie still steht und still
stehen kann.
Jede Anregung trägt den Keim der Weiterentwicklung in sich, auch
dann, wenn sie zunächst wirr und ungeklärt erscheinen mag, wie es bei
diesen spätantiken Denkmalen wohl zweifellos der Fall ist.
Um es kurz zu wiederholen, die Bedeutung dieser besteht nicht in einer
klar aufsteigenden Entwicklung, sondern in dem Reichtume der Versuche
und in den Anregungen für die spätere Zeit, in Anregungen, die bisher übri-
gens nur teilweise und einseitig weitergeführt worden sind, so daß noch manch
ungenutzter Rest uns geblieben ist.