Anische Schale (Hofmuseum in Wien)
IEN. ZUWACHS DER KAISERLICI-IEN KUNSTSAMMLUNGEN
IM JAHRE IgIO. Die ANTIKENSAMMLUNGEN haben eine Vermehrung um
29 Objekte, und zwar Steinskulpturen, Tonvasen, Bronzen, geschnittene Steine und Gläser,
zu verzeichnen. 14 darunter kamen als Geschenk an die Sammlung. Unter den käuflich
erworbenen Gegenständen nimmt ein etruskischer gravlerter Spiegel die erste Stelle ein.
Seine Bedeutung liegt nicht so sehr in dem künstlerischen Werte, da die Zeichnung im
ganzen flüchtig ist, sondern mehr in der guten Erhaltung und vor allem in dem Interesse,
welches die Darstellung beanspruchen darf: Diomedes und ein jugendlicher Kampfgenosse
überreichen dem Agamemnon das erbeutete Palladion, eine Szene, die sonst auf keinem
antiken Denkmal veranschaulicht wird und für die eine übereinstimmende literarische
Überlieferung fehlt. Dieses Stück, welches in den Fachkreisen bereits bekannt war, wurde
im italienischen Kunsthandel erstanden. Auf gleiche Weise gelangte die Antikensammlung
in den Besitz einer attischen Schale strengen Stils mit roten Figuren aus dem V. Jahr-
hundert. Das Bild zeigt einen nackten, bloß mit Helm und Beinschienen bekleideten
Krieger, der dem Feind in einem Hinterhalt auflauert. Mythologisches und kunstgeschicht-
liches Interesse bietet weiters ein Weiherelief an Nemesis aus spätantiker Zeit. Für die
römische Kunstindustrie auf vaterländischem Boden sind eine bronzene Armbrustfibe], ein
schwarzer Tontopf und eine sechseckige grüne Glasüasche von Bedeutung, welche aus
dem Funde bei Statzendorf in Niederösterreich stammen. Unter den in Athen erworbenen
geschnittenen Steinen ragen ein spätmykenischer Speckstein-Intaglio mit Tierdarstellungen,
ein kleiner Karneol-Cameo (Eros auf einem Vogel) und ein Blutjaspis-Intaglio (jagende
Artemis) durch Erfindung und Ausführung hervor. Von den geschenkten Objekten wären
die von Ministerialrat Baron Koller gewidmeten Stücke zu erwähnen. Unter ihnen sind
zwei Karneol-Intagli bemerkenswert, welche eine Biga, von den Zeichen des Tierkreises
umgeben, und zwei Satyrn vor einem ländlichen Heiligtum zeigen.