BECHER.
Beim Aufstellen von Inventaren und Abfassen von Katalogen vermißt
man schmerzlich die Möglichkeit, die verschiedenen Bechertypen so zu be-
nennen, daß ihre Form ohne längere Beschreibung erkannt werden kann.
Wohl stehen den hundert Becher f o rm en unserer Schatzkammern hundert
Bechernamen in der Literatur gegenüber, aber es fehlen uns die Kennt-
nisse, um mit Sicherheit angeben zu können, welche Becherformen und
welche Namen einander decken. Es ist zwar in unseren Wörterbüchern
kein Mangel an redlichen Versuchen nach dieser Richtung hin vorhanden,
aber man kann zu keinem befriedigenden Resultate gelangen, solange man
nur mit den Literaturdenkmälern operiert und nicht diejenigen Quellen er-
schließt, in welchen die Becher nicht nur benannt, sondern auch abgebildet
werden. Da kämen vor allem die gemalten Inventare in Betracht, wie das-
jenige der Michaelshofkirche in München und vielleicht auch das Lobko-
witzsche in Raudnitz, sowie das von Zwiefalten, das vor kurzem noch im
Kunsthandel war. Da wären auch die alten Goldschmiederisse, die in den
Kupferstichkabinetten der ganzen Welt zerstreut sind, mit ihren mannig-
fachen Bezeichnungen heranzuziehen, dann die Heiligtumbücher, deren
es im XV. und XVLJahrhundert wohl
zwanzig verschiedene gegeben hat,
und endlich - eine besonders wich-
tige Quelle - die Glückshafen und
Freischießen mit ihren Beschreibun-
gen, Abbildungen und Wertangaben
der zu gewinnenden Gegenstände.
Ich nenne für diese Gruppe nur Ro-
stock 1518, Pforzheim1521 und Ham-
burg 1612, weil aus diesen drei etwas
zur Benennung Figdorscher Stücke
gewonnen werden kann.
Im R o s t o c k e r Glückshafen
bekommt der erste Gewinner einen
„sulueren stoep von X Gülden". Die
beigegebene Abbildung zeigt einen
zylindrischen Becher, der
etwa in der Mitte horizontal
geteilt ist. Einen ebenso auf- x,
gebauten Becher, der aber
nicht wie der Rostocker auf
einem Untersatz steht, be-
wahrtdie Sammlung in dem
unter Figur gg abgebildeten
Stück. Es ist eine Straß-
Figur gg. 3} nat. Gr. „St0ep" (Sammlung Figdor)
40k