Unter den tausend verschiedenen Formen, welche die deutschen Gold-
schmiede den Trinkgefäßen zu geben wußten, ragen als merkwürdig ge-
schlossene Gruppe die Tiertrinkgefäße hervor, und unter diesen nimmt der
Eulenbecher eine bevorzugte Stellung ein. Die Eule hat es mit ihren großen,
weit geöffneten, man möchte fast sagen klugen Augen schon in uralter Zeit
dem Menschen angetan. Die Bewohner der alten, vortrojanischen Kultur-
stätten bildeten schon ihre Trinkgefäße in Gestalt dieses Vogels. Religiöse
Motive (Schrecken der Nacht), psychologische (bestrickender Blick) und
kunstsymbolische (bauchige Form) sind für die Wahl bestimmend gewesen.
Viel später haben die Töpfer von Siegburg aus weit äußerlicheren Gründen
- wegen eines Wortspiels - die Eule als Kunstform für ihre Gebilde auf-
genommen; U1 (2 Eule) bedeutet nämlich Topf, Ulner oder Eulner heißen
die Töpfer. Eingedenk dieses Namens bilden sieligern Eulen aus Ton.
Die Renaissancegold-
schmiede haben aber fast aus-
schließlich eine andere Vorstel-
lung beim Anfertigen von Eu-
lentrinkgefäßen gehabt. Zahl-
reiche Inschriften beweisen,
daß sie gern an den großen
Vogel dachten, der durch seine
Nachttlüge den kleineren ge-
fährlich wird. Der Ornament-
stecher Gilich Kilian Proger
gibt vielleicht den Anstoß dazu
durch die Worte: „Ich bin ein
Kevclein Wolgemvt. Wie . we .
andern.Foegelein tot", die er
auf einEulenblättchen von 1534
setzt. Dann wird die Inschrift
variiert: „Ob schon Alle vögel
hassen mich - Bin ich ein
Kautz [Kautz : Narr] und acht
es nicht."
Ein solches Trinkgefäß,
freilich ohne Inschrift, aber
wenigstens mit den
Narrenschellen an den
. _,Ü ' Ständern, die auf die
Vorstellung von dem
weltmännischen Nar-
I ren (Eulenspiegel) an-
spielen, der sich aus
D0pp.Gr. dem Gerede der Leute
Figur m8. 33A nat. Gr. Käutzchen (Sammlung Figdor)