ZUR AUSSTELLUNG DER PLAKETTEN-
SAMMLUNG ALFRED WALCHERS VON MOL-
THEIN 50- VON EDMUND WILHELM BRAUN-
AMMLER von der Art und den Neigungen des
Wieners Alfred Walcher von Molthein sind von
Bedeutung für die kunstgeschichtliche Forschung.
Ein starker wissenschaftlicher Drang nach der
Ergründung bisher weniger bekannter Gebiete,
der Reiz des Suchens, das Glück des Findens
charakterisiert sie. Mit Vorliebe gilt ihr Sammel-
eifer der Anlegung von Entwicklungsreihen und
geschlossenen Gruppen; Freiheit und Ungebun-
denheit von den Schranken einer öffentlichen
Sammlung gestattet Komplettierungsmöglich-
keiten ihrer Lieblingsgebiete, die den Museen zumeist versagt sind. So hat
Walcher vor Jahren mit seiner Kollektion der altösterreichischen Hafner-
arbeiten, die das Substrat seines wertvollen großen Tafelwerkes und höchst
instruktiver Artikel in dieser Zeitschrift bildeten, die Grundzüge einer Ge-
schichte der Keramik der österreichischen Erblande geschaffen, und wissen-
schaftlich gleich wertvoll ist seine jetzt für einige Zeit im k. k. Österreichischen
Museum ausgestellte Plakettensammlung, besonders für unsere Kenntnis
der deutschen Renaissanceplaketten. Einige derselben sind ja in den gal-
vanoplastischen Reproduktionen von Klucaric bereits Gemeingut unserer
öffentlichen Sammlungen geworden. Es sind mehrere hundert Stück, die
hier vereint sind und die demnächst als zweiter und dritter Band meiner
„Österreichischen Privatsammlungen" publiziert werden sollen. An dieser
Stelle muß ich mich darauf beschränken, einen summarischen Überblick mit
Stichproben zu geben, wobei in erster Linie die deutschen Arbeiten berück-
sichtigt werden sollen. Auch an Italienern ist Walchers Sammlung sehr
reich, es sind gegen hundert Güsse in Bronze, Silber und Blei da, von denen
aber hier nur die besten und schönsten hervorgehoben werden können.
Zunächst eine vergoldete Bronzeplakette (Bode 658)" aus einer Lorenzo
di Credi nahestehenden Florentiner Werkstätte, die heilige Familie in Halb-
iiguren, dann die überaus scharfe und schöne stehende paduanische Madonna
voll herben poetischen Reizes (Bode 675), eine zweite Madonna in der Art
des in Padua tätigen Giovanni da Pisa (Bode 671) und eine dritte von
demselben Meister in I-Ialbfigur (Bode 674). Als Werke des Moderno
charakterisieren sich die figurenreiche, straff und edel komponierte Kreuzigung
Christi (Bode 740) und der von antikisierenden Reliefs flankierte Sankt
Sebastian (Bode 754). Ein Kabinettstückchen ist der feine vergoldete Silber-
guß mit der Enthauptung des Apostels Paulus (Bode 1005). Venezianisch
' Ich zitiere nach Bodes Berliner Katalog der „Italienischen Bronzen", 1904.