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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 6 und 7)

für die Malerei getan hat, aber kein brauchbares Handbuch des Kunstgewerbes geben. Der 
Sammler, der das „Unbezeichnete" dem „Bezeichneten" vorziehen soll, muß ohne Be- 
achtung der Namen den Stil der Zeiten verstehen lernen. Dazu gehört allerdings eine sorg- 
fältige Durcharbeitung des Materials und ein Verständnis für die historische Entwicklung 
der Kunstsprache. 
Hoffentlich wird bald von vorurteilsfreier Seite das Handbuch geschrieben, das einen 
objektiven Führer durch alle Gebiete des japanischen Kunstgewerbes darstellt. Mit deut- 
schen Bezeichnungen muß in klarer Sprache, unter möglichster Vermeidung des Ballastes 
verwirrender und gleichgültiger I-Iandwerkernamen, eine Geschichte der Stile und Tech- 
niken gegeben und auf die Unterschiede der Qualität hingewiesen werden. Wenn besondere 
Merkmale erkennbar sind, kann auch der Stil der einzelnen Meister und Fabrikationsorte 
erörtert werden. Das Wichtigste aber ist, daß große Gesichtspunkte für die Einreihung der 
Gegenstände nach Stil und Technik gewonnen werden. O. Münsterberg 
BERLINER SEZESSION IgII. Die Sommerausstellung der Berliner Sezession 
unter dem neuen Vorstand schneidet gut ab. Sie wirkt harmonisch und sie ist, wie es 
der Geist der Sezessionen verlangt, durchaus freizügig. Sie schmückt sich mit dem Zeichen 
großer verehrter Toter, diesmal mit drei in Berlin noch nicht gezeigten Daumiers; sie 
ehrt ihre eigenen alten Meister, huldigt dem dahingegangenen Uhde; und sie ist, in 
größerem Umfange noch als früher, weitherzig dem allerneuesten Schaffen gegenüber, das 
nun schon andere Ziele sucht als die „Väter der Sezession", sie nahm nicht nur die 
Gruppe der jüngsten Franzosen, der „Expressionisten" auf, sie ließ auch eine reichliche 
Zahl junger Deutscher - wie der Katalog vorbeugend sagt „unreife, aber talentvolle Ar- 
beiten vielversprechender Anfänger" - zu sich kommen. 
So kann man von dieser Ausstellung das Beste sagen, daß sie Temperament hat 
und voll der Anregungen steckt. Starke Persönlichkeitsdokurnente sind jene drei Daumiers, 
die dieses Mal den Ahnenkultus der Sezession repräsentieren. 
Das eine, die „Last", ein spuk- und schemenhaftes Nachtstiick: eine Frau, ein Kind 
an der Hand, krumm eingebeugt unter einem schweren Sack daherschwankend, gleich- 
sam geschleudert, durch eine fahlgelbe Dämmerung an einer Mauer entlang. 
In gleichen Tönen - dazu aber noch das Blau des Meerufers - die Gruppe „,Der 
Müller, sein Sohn und der Esel", in eigentümlich wolkig geballten Formen der Körper. Und 
ein tlackerndes Furioso: die Flüchtlinge. In einem wie von Fackellohe durchzuckten 
Dunkel braust daher die stürzende Flut von Reiterscharen, aufleuchtet das Gespensterweiß 
der Schimmel, das Rot und Blau sturmwehender Mäntel. 
Zu Uhdes, des großen Toten, Gedächtnis liegt ein Horverhüllter Lorbeerkranz vor 
seinem Bild der Modellpause. Es ist die liebenswürdige Szene der kleinen Mädchen, die 
mit angebundenen Flügeln eben als Englein fromm stille gestanden, und jetzt wieder 
muntere Backfische sind. Daneben noch einige andere aus der früheren „Plein air"-Zeit, 
die Frauen mit dem Burschen im Fenster im vollen Licht. Und ein Porträt Liebermanns, 
scharf auf das Profil dieses zupackenden Kopfes gearbeitet. 
Zahm erscheint es freilich gegen Liebermanns eigenes Selbstbildnis in der hellen 
Jacke mit den eingemeißelten Zügen und dem nach malerischer Beute gierigen Geier- 
blick. Die Reihe seiner lebenstrotzenden Männerporträte wird hier noch vermehrt durch 
sein Bild des Baumeisters Kuhnt, eines weißbärtigen jovialen Herrn - ihm blüht sein 
Alter wie greisender Wein - mit leichter Chateau Larose-Couleur von der „Milch der 
Greise" auf den Wangen. 
Und ein neues biblisches Blatt ist der barmherzige Samariter mit dem nackten, zer- 
schlagenen Leib voll Blut und Wunden des Mannes, der „unter die Räuber iiel" im grünen 
Waldlicht. - 
Neben dem Ehrenpräsidenten der Sezession der aktive Präsident Lovis Corinth. Er 
bringt zwei ganz frappante Charakteristiken eines deutschen Professors - sie sind im Be-
	        
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