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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 8 und 9)

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Wie für die geschichtliche 
Bedeutung eines Gemeinwesens 
nicht die hervorragenden Leistun- 
gen Vereinzelter allein, sondern 
der Geist der Gesamtheit ein klares 
Bild der kulturellen Physiognomie 
abgibt, so kommt im architek- 
tonischen Stadtbilde, da wenig- 
stens, wo der erwerbslustige, 
unternehmende Bürgergeist das 
führende Element in der städti- 
schen Entwicklung bildet, der 
bauliche Gesamtcharakter stärker 
in Betracht als der vereinzelte 
Monumentalbau. Letzterer ist der 
höchste Ausläufer der baulichen 
Gesinnung überhaupt. 
Lüneburg gibt mit seinem 
heutigen Bestande an Monumen- 
talbauten keinen vollen Begriff 
mehr von dem, was in der Blüte- 
zeit zum Beispiel die Kirchenbau- 
kunst daselbst zu bedeuten hatte. 
Abb. 42. Lüneburg, „Der rote Hahn", Fachwerkbau des Mancherlei ist  verschwun- 
xvr. Jahrhunderts den- nicht infolge von Krieg oder 
_ Naturereignis. Anderes, wie zum 
Beispiel die als Baumasse imponierend wirkende Michaelskirche, ist ihrer 
ursprünglichen inneren Erscheinung völlig entkleidet und zeigt nur mehr, wie 
weit sich die Ansprüche zu reduzieren vermögen auf dem gleichen Boden, 
der von künstlerischen Leistungen recht eigentlich durchtränkt war. Einige 
ganz wenige Überbleibsel tun dar, daß schon vor der Renaissancezeit tüchtige 
Bildhauer am Platze tätig waren (Abb. 48). Das kleine Relief aus der Johannis- 
kirche läßt auf vorzügliche Plastiker schließen. Man fand es vor einigen Jahren 
in altem Bauschutt. Über die Johanniskirche selbst später ein Wort. Trotz 
arger Vernachlässigung während langer Zeit, trotz manchem Eingriff in den 
ursprünglichen Bestand ist das Rathaus, hauptsächlich in seinen Innen- 
räumen, noch immer ein Zeuge glanzvoller Tage. Das früher geradezu ver- 
wahrloste Archiv ist, abgesehen von seiner großen Reichhaltigkeit an äußerst 
wertvollen Dokumenten, auch in seiner räumlichen Erscheinung von Wichtig- 
keit. In ihm ist die vollständige Einrichtung eines mittelalterlichen Amts- 
raumes erhalten geblieben (Abb. 56 und 57). Von größerer allgemeiner 
Bedeutung als diese immerhin sehr wertvollen Reste, denen eine lange Periode 
von Gleichgültigkeit gegen das Alte bös zugesetzt hat, ist der heute noch 
immer beträchtliche Bestand an Profanbauten. Es sind stattliche Bürger- 

	        
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