entbehren - war somit gesorgt.
Zwei bauliche Typen sind es nun,
die wie bei zahlreichen andern
Städten, eine große Reihe ab-
wechslungsreicher Ausbildungen
erfahren haben und für das Stadt-
bild in seinen einzelnen Teilen
bestimmend wirken: Der aus dem
reinen Holzbau hervorgegangene
ältere Fachwerkbau und der wie-
der auf diesem fußende, vor der
Mitte des XIV. Jahrhunderts wohl
kaum einsetzende Steinbauf" Der
Aufbau erfolgte, eine Erinnerung
an die I-Iolzkonstruktion, durch
eine Anzahl den starken Trag-
pfosten des I-Iolzgerüstes entspre-
chender Vertikalpfeiler in Mauer-
Werk, nicht in durchlaufenden
Horizontalschichten. Die Zwi-
schenräume bekamen, wo sie
nicht durchbrochen sind, füllen-
des Mauerwerkli" oder sie wurden
durch Bogen überspannt, die, von
Pfeiler zu Pfeiler geführt, in der
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Abb. 45.
Lüneburg, Detail eines Facbwerkbaues des
XVI. Jahrhunderts, Hofgebäude, Grapengießerstraße 45
äußeren Architektur als wirksame Gliederung wie eine Loggia auftreten
(Abb. 37). Ganz besonders reich ausgebildet in solcher Bogenarchitektur,
beinahe an venezianische Vorbilder erinnernd, ist das noch erhaltene, freilich
neuerdings durch Bemalung und Vergoldung entstellte oberste Geschoß des
Hauses Grapengießerstraße 45 (Abb. 40). Größere und kleinere Findlinge,
meist schwedischer Granit, kommen an den Resten der Bardowieker Mauer,
häufig als unbearbeitetes Material für die Fundamentmauern, als regelrecht
bearbeitetes und durchweg verwendetes Baumaterial indes nirgends vor. Der
gebrannte Ton als Backstein, als Formstein in mannigfacher Gestalt (vor
" Daß künstlich hergestelltes Steinmaterial vor der Erbauung von Ziegelöfen am Platze selbst von weiter
her bezogen worden sei, ist bei dem schlechten Zustande der Straßen schwerlich vorauszusetzen. Vielmehr darf
wohl angenommen werden, daß bei Hausbauten und Speichern über einer Unterscbicbt von Findlingen, wie
dies an skandinavischen Hausbauten (Beispiele im Skansen-Museum in Stockholm) der Fall ist, sich das
gezirnmerte Gerüst ohne Mauersoclrel erhob. Daß dies auch anderwärts der Fall war, geht zum Beispiel aus
einem Ziiricher Ratsbescbluß hervor, der bestimmt, daß die Hiuser (nach einem großen Brande) wenigstens
„bis zum ersten Gaden" (Stock) aufzurnauern seien. Daher der in verschiedenen Städten vorkommende Name
„Zum Steinernen Haus", weiter die öfter wiederkehrende Bezeichnung „Steinkirchß In Lüneburg ist zuerst 1281
von einem „Ratsziegelhauw die Rede. m95 wird die Herstellung von „l-lohlziegeln" erwähnt, die zum Ein-
decken der Häuser gebraucht werden (Piepen-Dächer, Mönch und Nonne).
1' Auch darin erinnert die Technik an ältere Typen des Halzbaues. An dänischen Bauernhäusern älterer
Bauweise sind die Hohlräume zwischen dem mit Bohlen vorn und rückwärts verscbalten Pfostengeriist mit
Filllmauerwerk vollgeschiittet, nicht susgemauert.
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