Abb. 6B. Rathaus zu Lüneburg, die „Neu: Ratsstube"
Orte geradezu verwüstend gewirkt haben. Kein Neugotiker - es gab ihrer
gerade in Hannover genug - hat hier seine Kunststücke losgelassen, die
anderwärts manche Kirche, manches Rathaus des Originalschmuckes beraub-
ten, an Stelle einer gesunden Kunst „aus dem Handgelenke" rasselose ver-
wässerte, ausgeklügelt verstandesmäßige Leistungen ohne Saft und Kraft
hinsetzten. Möchte ein gutes Geschick gerade diese ihrer Einfachheit wegen
so bedeutsamen Erscheinungen vor den Gelüsten jener Sorte moderner
Besserwisser bewahren, die, fest überzeugt von ihrer überlegenen Einsicht,
ihrem supremen Kunstverständnis, vor den gewagtesten und geschmack-
losesten Experimenten nicht zurückschrecken und ohne langes Bedenken
Hand anlegen zwecks „Verbesserungen" oder „Richtigstellungemä
Der bauliche Körper des Rathauses gehört seiner Entstehungszeit nach
im wesentlichen dem Mittelalter an; auch ein gut Teil der künstlerischen
Innenausstattung. Den Höhepunkt der letzteren bezeichnet jedoch, wie das
auch für die übrigen Entwicklungsverhältnisse des Gemeinwesens zutrifft,
das XVI. Jahrhundert. Ihm entsprangen die eigentlichen Glanzleistungen.
Gelasse wie die „Körkammer", das „Alte Archiv", die im vollen Original-
zustande erhalten gebliebene „Alte Kanzlei" sind bezeichnende Erscheinungen
für das Ende des XV. und das beginnende XVI. Jahrhundert. Sie tragen noch
den Stempel einer gewissen schlichten Bürgerlichkeit, die allerdings schon
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