plastische Formen unmittelbar zu erkennen. Eine ganz ähnliche Übereinander-
stellung von Kinderi-igürchen zu einem aufsteigenden Rahmenwerk bietet der
Gedenkstein des kunstsinnigen Hans Herzheimer, von etwa 1510 in der
Klosterkirche von Frauenchiem-
see."
Gegenüber der gebundenen
Haltung der I-Iauptfiguren spricht
aus den Putten und Engeliigür-
chen eine auffallende Frische und
Beweglichkeit, dabei auch ein
gewisses Verständnis für die
molligen Kinderformen, das ohne
äußere Anregung sich bei diesem
Künstler kaum erklären läßt. Auf
keinen Fall haben sie etwas mit
den Engelchen im Ornament-
gezweig sp ätgotis cher Altarkunst
gemein. Ich kenne kein Werk
der Tiroler Grabplastik, in der
sich in so intensiver und doch
' so naiver Weise die beiden Stile
vermengt haben. Aber trotz allem
bleibt das Werk im innersten
Kerne durchaus gotisch und die
unbeholfenen Zierformen des
neuen Stils und die munteren
Putten vermögen über das Alter-
tümliche nicht hinwegzutäu-
sehen.
In seinem gotischen Gehalt
aber äußert das Denkmal andrer-
seits auch wieder eine ausge-
reifte Routine, die vor allem in
der sorgfältigen Durchbildung
der Rüstung beachtet werden
will und in der Innigkeit des Er-
Abb. 4. Grabplatte des Wolfgang vonWindeck im Kreuzgang bännde-Christus ihre höchste
von St", wnm, bei mnsbmck Stufe erreicht. Man sieht sich in
diesem Werke einem Meister
gegenüber, dessen künstlerische Ausbildung eine Reihe von Jahren zur Vor-
aussetzung haben muß, einem Meister zugleich, der unter den Frührenais-
sance-Plastikern Tirols unstreitig die erste Stelle beansprucht. Hans Semper
gebührt das Verdienst, diesen Meister uns zuerst genannt zu haben. Er
" Die Kunstdenkmale des Königreichs Bayern, I, 1768 und Tafel 236.