Gesichts, schon voraus auf das gerechnet zu seyn, was die Folgezeit davon verbleichen
kann. Durch diese Farbengebung gelang es dem Künstler ganz, seinen Helden heraus
zu heben. Er schien dieß, wie ich glaube, besonders durch den Felsen bewerkstelligen
zu wollen. Zu dem Ende änderte er die Colorierung seiner Felsenmaße, nach seinem
Bedürfniß ab. Und es wäre sehr klein zu fragen: „wo in der Welt existiert ein solcher
Fels?" Denn so gut es poetische Freyheiten giebt, so gut giebt es auch malerische. Der Geist
des großen Künstlers spannt sich nur auf die Hauptsache: die Nebendinge modifiziert er
mit einer oft ungebundenen Freyheit, je nachdem es seine Bedürfniße erfordern, oder
ihre Abänderung in seinem Plane liegt; zumal wenn es unbeschadet der Kenntlichkeit
einer Sache, oder der Wahrheit des Ausdrucks, oder der Richtigkeit in der Zeichnung,
geschehen kann. Deßwegen ist der Fels hier unvermischt braun-hochbraun; da er in der
Natur in mannigfaltige Farben spielt, oder eigentlich im Ganzen weißlichgrau ist.
Was die einzelnen Schönheiten der Beleuchtung und Färbung betrifft; so wird das
Auge den sanften linden Muskelausdruck besonders bemerken, und an den so meisterhaften
Falten ruhn, die durch die Wendung des Kopfs am Hals entstehn, oder eigentlich vom
Kinn herab im Hals sich sanft verlieren; ingleichen an dem so weichen Schmelz der
Haare. Es wird sich heften an den linken, auf der Scherpe ruhenden, und mit dem Degen
gleichsam aus der Fläche sich heraufhebenden Arm, dessen Ellenbogen besonders schön
bemerkt ist. An dem schön gezeichneten und eben so schön beleuchteten, vertretenden
rechten Fuß, an welchem überaus Wahrheitsvoll, das Knie durchspielt. Es wird ruhen auf
dem in die grüne Farbe des nahen Gebüsches so schön spielenden Bronze der Kanone.
Es wird zuletzt von der Wahrheitsvollen Beleuchtung des Ganzen bis zum Fleiß in der
Ausmalung übergehen; und an diesem Fleiß bis auf die Scherpe, bis auf die auf dem
Felsen liegenden Handschuhe - sich ergötzen.
Ich schließe diese meine flüchtige Beschreibung mit einer Anmerkung zur Ehre der
Weisheit des Künstlers. -
Dadurch, daß er die linke Hand seines Helden auf der Scherpenquaste ruhen läßt,
ist es ihm gelungen, die Finger der Hand, die durch einen Schuß gelähmt, oder vielmehr
einwärts geklemmt sind, zu verbergen, und dadurch gewißermaßen einen Fehler zu ver-
decken, der mit der Schönheit des Ganzen würde gestritten haben. Nicht leicht war wohl
für dieses Bedürfniß eine bessere Stellung zu denken, als die ist, die der Held gegen-
wärtig hat. Und doch ist für die, die die Hand näher kennen oder öfters sahen, auch nicht
dabey die Ahndung ihrer Ehrenvollen Mißgestalt verlohren gegangen."
Troppau E. W. Braun
ERLIN. DEUTSCHE TEPPICHE. Im Abgeordnetenhaus ist eine reichbestellte
Ausstellung von Teppichen deutscher Fabriken eröEnet worden. Sie will für diese
Produkte werben gegenüber der Einfuhr minderer Orientware.
Der Gedanke hat unsere Sympathie. So groß unsere Liebe zu dem matten Glanz, dem
tiefemverhaltenen Leuchten, dem warmen, fließenden Schmelz alter Perser ist, so berückend
der samtige Amarantton der Bokhara, die gelbgrünen Harmonien der Gebetsstücke aus
Yordis, so ganz fatal scheint manches der neuen Industrieerzeugnisse. Vor allem die Seiden-
teppiche au bon marche mit aufdringlich speckigem Lüster.
Man könnte wohl denken, daß unsere Industrie mit ihrer entwickelten Technik, dazu
von geschmackvollen Künstlern beraten, Arbeit leisten könnte, die Qualität hat und dabei
preiswerter ist als die neuen prahlerischen und zudem mit hohem Zoll belasteten Exoten.
Doch erfüllen sich nicht allzuviel Hoffnungen.
Das schlimme Zerrbild des Teppichs der achtziger Jahre mit seinem wuchernden
Unkrautornament und seinen schmutzig stumpfen und dabei durch die schroffen Kontraste
doch grell wirkenden Farben ist zwar im Rückgang, doch nicht ausgestorben. Man sieht
hier Teppiche (einer sächsisch-voigtländischen Firma) aus der Axminster-Familie mit
süßlich-knalligen Buketten, mit faden Blau- und Himbeercouleuren und dazu einem trocken