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Volltext: Monatszeitschrift XIV (1911 / Heft 11)

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Dieses Dokument ist von außerordentlicher Wichtigkeit, schildert es 
uns doch die Goldschlägerkunst des XII. Jahrhunderts kaum anders, als sie 
heute noch betrieben wird. Griechisches Pergament aus Pfianzenfasern 
(also ein Papier) wird beiderseits mit feinstem gebrannten Ocker eingerieben, 
glänzend poliert und in quadratische, vier Finger breite Blätter zerschnitten. 
Um diese Blätter aufzunehmen, wird aus Kalbspergament ein taschenartiger 
Behälter gefertigt. 
Wir sehen, hier hat die Goldschlägertechnik einen auffallenden Wechsel 
in dem Material der Formblätter und des Formbandes vorgenommen, indem 
sie das Kupferblech des Dioscorides und des Lucca-Manuskriptes durch 
Papier für die Formblätter, beziehungsweise Pergament für das Formband 
ersetzt hat. Vielleicht daß das Vordringen des Papiers aus dem Orient dessen 
dort üblichen Gebrauch in der Goldschlägerkunst mit nach dem Westen 
verpflanzte. Jedenfalls verschwindet von nun an das Kupferblech aus der 
Literatur und herrscht eine Zeitlang das Papier, bis etwa im XVLJahrhundert 
auch dieses einem neuen Stoff, dem Pergament, beziehungsweise der Gold- 
schlägerhaut weicht, um erst im XIX.]ahrhundert von neuem seinen Einzug 
in die Goldschlägerwerkstatt zu halten. 
Doch kehren wir zu der Schilderung des Mönches zurück: Nun wird 
reines Gold mittels des Schmiedehammers auf dem Amboß zu einem Band 
von möglichst gleichmäßiger Dicke (vermutlich zwei Finger breit) ausge- 
streckt und dieses Band in Quadrate zerschnitten, deren Seitenlänge zwei 
Finger breit ist. Hierauf wird die Pergamenttasche (heute „Formband") mit 
abwechselnd geschichteten Blättern des Pflanzenpergaments und Gold- 
blättchen gefüllt, und das Ausschlagen kann beginnen. 
Ein Hammer aus Messing, der nahe dem Stiel schmal, an der Bahn 
aber breit ist, wird elastisch auf die „Form" niedergeschwungen, die auf 
einem großen Stein von gleichmäßigem Gefüge ruht. Von Zeit zu Zeit sieht 
der Schläger nach, wie weit das Gold verdünnt ist. Sobald es aus den Form- 
blättern hervorzutreten beginnt, wird das Überstehende mit einem Zängelchen 
abgestrichen. 
Auch über die Vorarbeiten hat uns Theophilus ausführlich berichtet. 
So beschreibt er bei der Schilderung der Goldschmiedewerkstatt den Schmelz- 
herd und dessen Herstellung, auf Grund welcher Schilderung Marc Rosen- 
bergi eine Rekonstruktion der Anlage (Abb. I2) versucht hat. Neben der 
Mauer der Werkstatt, unweit des Fensters, wurde ein Brett mit dicht über 
dem Boden angebrachten Loch so in die Erde gerammt, daß es in drei Fuß 
Länge und zwei Fuß Höhe darüber hervorragte. Dicht davor richtete man 
ein zweites Brett auf, um dann den Zwischenraum zwischen beiden mit Ton 
auszustampfen. War dies geschehen und das I-Iilfsbrett entfernt, so schnitt 
man die Tonwand gerade, ebnete sie und stampfte unterhalb des Loches 
aus gemahlenem und mit Pferdemist vermengtem Ton einen leicht aus- 
gehöhlten Herd. Alsdann durchstach man die Tonwand durch das Loch in 
" Rosenberg, a. a. 0. Seite 79 und Seite 69, Abbildung 52.
	        
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