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Formblätter schildert. Jene Worte haben vorübergehend viel Verwirrung
angerichtet, indem man das „lana ligni" als „Baumwolle" übersetzte und zu
einem unwiderleglichen Zeugnis für das Bekanntsein der Baumwolle in
Europa schon im Mittelalter und für ihre damalige Verarbeitung zu Papier
zu Stempeln suchte. Doch kam schon der Technologe Beckmann" bald
nach Lessings Veröffentlichung der Theophilus-Handschrift der Bedeutung
der „pergamena graeca" sehr nahe, wenn er sagte, „es soll doch nicht feiner
Bast sein"? Aber erst hundert Jahre nach ihm hat der Wiener Karabacek"
in einer unendlich gründlichen, auf dem Studium mittelalterlicher arabischer
Urkunden nach Papierstoff wie Schriftinhalt beruhenden Arbeit nachgewiesen,
daß jene „lana ligni" nur als ein dem Holz entnommenes Fasermaterial zu
verstehen sei, das eine allerdings wie Baumwolle sich anfühlende und
aussehende Papiermasse lieferte. Ganz besonders eignete sich hierzu der
unter der Rinde liegende Bast gewisser Bäume, namentlich des Maulbeer-
baumes (Morus alba), welcher schon den Chinesen einen vortrefflichen Roh-
stoff zur Bereitung ihres Papieres bot und zu Theophilus Zeiten in Kleinasien
der Seidenraupenzucht wegen gezogen wurde. Von den Chinesen, so schließt
Karabacek, sei die Papierbereitung aus der Faser des Maulbeerbaumes den
Arabern, von diesen den byzantinischen Griechen übermittelt worden, deren
Erzeugnis als „pergamena graeca", ein in seinen Eigenschaften dem Perga-
ment nahekommendes Papier, im Mittelalter hoch geschätzt war.
Wie weit eine Notiz zutrifft, nach welcher sich unsere ersten Metallschläger
dünner Birkenhäutchenm" als Formblätter bedient haben sollen, womit der
Gebrauch einer pflanzlichen Membran auch nach Theophilus erwiesen wäre,
vermochte ich trotz eifriger Nachforschungen nicht zu ergründen.
Es sei hier wiederholt, daß die chinesische wie die japanische Gold-
Schlägerei noch heute das Papier als Formblatt benutzt.
Das nächste Kapitel der Theophilus-Handschrift behandelt die „Petula
stagni", das Blattzinn, welches sonach ebenfalls schon bekannt war. Ja die
Handschrift erwähnt sogar ein Verfahren zum Gelbfärben der Zinnblätter,
offenbar um ihnen das Aussehen von Blattgold zu geben.
Die Mönche selbst bedienten sich der Blattmetalle, insbesondere des
Blattgoldes zu mannigfachen Zwecken, von denen die Handschrift das
Vergolden der Kronen auf religiösen Bildern und das Verzieren der Priester-
gewänder-l- anführt. Die dem Goldschlägerverfahren angefügte Schilderung
der Blattvergoldung gibt uns auch eine ungefähre Vorstellung von der
damals erreichten Verdünnung des Schaumgoldes, indem sie warnt „ea hora
oportet te a vento cavere, et ab halitu continere, quia si Baveris, petulam
perdes et difticile repeties". Das Blattgold war also so dünn, daß Luftzug
und Atem es zu zerstören vermochten.
"' Johann Beckmann, a. a. 0., Seite 567.
"" Joseph Karabacek. Das arabische Papier. Wien 1887, Seite 48 B".
"f" Gewerbezeitung. Organ für die Interessen des bayrischen Gewerhestandes. Fürth 185x, Seite Q3.
1- Vermutlich mit goldbesponnenen Fäden. Die gleiche Herstellung der zu Brnkatgewehen dienenden
Goldfäden (sogenannte cyprischeFäden) ist heute noch bei vielen Völkern, zum Beispiel hei denjapanern, üblich.