Nr. 7
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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Zu Beginn des 19, Jahrhunderts wird auch nur mehr
wenig geschnitten, Schliff und Aetzung haben den Relief-
Dekor übernommen und der Schnitt kommt nur mehr
bei Ueberfang-Gläsern in Verwendung, dagegen be
herrscht wieder die Farbe die Dekoration des Hohlglases.
Eine kurze Zeit hindurch wird eine besondere Art von
Gläsern modern, die ihren Ursprung der vornehmen ■
Liebhaberei eines adeligen Glashüttenfoesitzers verdan
ken und deren Vorfahren wohl nur in den spät-antilken
Achatgläsern zu sehen sind. Es sind dies die in den wun
derbarsten Steinmassierungen hergestellten sogenannten
Hyalith- und Lithyalingläser, die eigentlich viel Grenz
linien mit den farbigen Gläsern gemeinsam haben.
Zu all diesen markanten Perioden in der Geschichte
der Glasindustrie bringt die vorliegende Sammlung Bei
spiele und es ist keine einzige der angeführten Epochen,
die nicht darinnen vertreten wäre.
JVturillos auf dem ^Kehrichthaufen.
In Rußland sind durch den Umsturz, besonders auf aem
Kunstgebiete, die seltsamsten Verhältnisse gezeitigt worden.
Alte Kirchen wurden enteignet und zu Versammlungslokalen
umgewandelt, wobei die Bilder und andere Schmuckgegen
stände achtlos beiseite getan wurden. Es handelt sich meist
um Gemälde, die durch das hohe Alter und durch die wenig
sachgemäße Pflege vollkommen dunkel geworden waren, so
daß sie einen unscheinbaren Eindruck machten. Oft genug wird
es sich auch um ziemlich wertlose Gegenstände gehandelt
haben; in vielen Fällen aber wurden sicher Bilder von hohem
Kunstwerte auf diese Weise vernichtet, da besonders in den
kleinen Provinzstädten die Sowjetkommissäre, die die in Be
tracht kommenden Verfügungen trafen, wohl kaum genügend
große Kunstkenner waren, um Mißgriffe zu vermeiden.
Durch einen Zufall wurden einige hervorragende Bilder
in der Kirche von Achtyrka in der Nähe von Charkow
dem Verderben entrissen. Auch diese Kirche war für kommu
nistische Zwecke beschlagnahmt und die Bilder daraus ent
fernt worden. Es handelte sich um sehr alte Kunstwerke,
deren Leinwand schon brüchig war. Alle diese früheren Ge
genstände, die den Schmuck des kleinen Gotteshauses bilde
ten, wurden als völlige Nichtigkeiten bei dem inneren Umbau
der Kirche auf einen Kehrichthaufen geworfen, der sich im
Hof befand. Hier lagen sie schon viele Tage, als durch Zufall
ein Kunstprofessor aus Charkow hinkam, um einen Freund zu
besuchen. Bei einem Spaziergang ging er auch an dem Platz
vorbei, auf dem das ganze alte Gerümpel zusammengetragen
worden war, und sah hier aus einem alten Bilde einige wun
derbare Gesichter leuchten, die ihm als sehr wertvoll erschie
nen. Er beschäftigte sich näher mit dem Funde und erklärte
seinem Freunde, daß er die Bilder für echte Murillos halten
würde, wenn die Möglichkeit vorliegen könnte, daß sich hier
Kunstwerke so hohen Ranges befinden. Er stellte Nachfor
schungen an und es wurde dabei auch dem Ursprung dieser
Kunstwerke nachgegangen. Der Erfolg war über Erwarten
groß, denn es zeigte sich, daß drei dieser Bilder von einer
Gräfin Tschernischeff vor mehreren Jahrzehnten der
Kirche geschenkt worden waren. Diese Gräfin hatte in ihrem
Palast eine Anzahl echter Murillos, so daß an dem hohm
Kunstw.ert dieser Bilder um so weniger gezweifelt werden
konnte, als sich in den Archiven der Kirche Scbenkungsbriefe
der Gräfin befanden, in denen ausdrücklich die drei Bilder
als Murillos bezeichnet worden waren.
So ereignete sich der einzigartige Fall, daß drei echte
Murillos auf dem Kehrichthaufen ihr Ende gefunden hätten,
wenn nicht der Zufall seine Hand im Spiele gehabt hätte. Auf
Grund dieses Vorkommnisses wurde verfügt, daß alle Bilder
vor ihrer Vernichtung erst einer künstlerischen Kommission
zur Prüfung übersandt werden müssen.
393. Jiunstauktion des Dorofheums.
Am 18. und 19. März brachte das Dorotheum in
Wien die angekündigte Sammlung eines Wiener Indu
striellen und anschließend daran am 20. März Kunst-
gegenstände aus anderem Wiener Besitz zur Versteige
rung. Den besten Erfolg erzielte das Dorotheum mit den
Kunstgegenständen aus Glas und Silber, die ihre
Schätzungspreise weit überschritten. Bilder waren weni
ger begehrt, doch sind auch da einige namhafte Preise
zu verzeichnen. Ein Versuch, Münzen und Medaillen zu
versteigern, fiel sehr ermunternd aus.
Sichtlich günstig beeinflußt wurde die Stimmung der
Teilnehmer an der Auktion durch die kluge Wiederkehr
zu den Schätzungspreisen. Man hat, wie die Erfahrung
wieder einmal zeigte, mehr Animo zum Mitbieten, wenn
mit kleineren Preisen angefangen wird. Hoffentlich bleibt
es nun bei diesem Vorgänge, den wir auch den anderen
Wiener Auktionshäusern empfehlen möchten.
Nachstehend die erzielten Preise (in Schilling);
Glas.
1 Stengelglas, böhmisch, um 1830 45
2 Zylindrischer Becher aus farblosem Hartglas, böhmisch,
um 1820 35
3 Kantiger Ranftbecher, böhmisch, um 1830 28
4 Bauchiger Ranftbecher, böhmisch, um 1820 50
5 Konischer Becher, böhmisch, um 1830 25
6 Bauchiger Ranftbecher, böhmisch, um 1825 ..... 45
7 Kantiger Becher, böhmisch, um 1830 45
8 Hoher Stutzen aus blau gestrichenem Glas. böhm. um
1825 38
9 Milchglasvase, um 1840 20
10 Kantiger Flakon aus Uranglas, böhm. um 1840 .... 11
12 Becher, mit Milchglas überfangen, böhm. um 1850 ... 38
13 Hoher Glasflakon, böhm. um 1850 20
14 Flakon mit Stöpsel, böhm., um 1850 15
15 Bauchiger gerippter Flakon, böhm., um 1830 28
16 Ranftbecher aus Glas, böhm., um 1840 50
17 Kleiner, kantiger Becher aus Glas, böhm., um 1840 - . 50
18 Ranftbecher aus Glas, violett gestrichen, böhm., um 1840 32
20 Kantiger Pokal aus urangelb überfangenem Gla-s,
böhm., um 1840 35
22 Pokalglas, violett gestrichen, bö'hm., um 1840 65
23 Kantiger Becher, böhm., um 1840 32
26 Glasbecher, böhm., um 1840 45
27 Gehenkelter Deckelbecher, böhm., um 1830 15
28 Kantiger Ranftbecher, böhm., um 1830 38
29 Schlanker Ranftbecher, böhm., um 1830 25
30 Kantiger Ranftbecher aus blauem Glas, böhm., um 1840 85
31 Kleiner Pokal mit Medaillon, böhm., um 1830 60
32 Niedrige, weiße Glasschale auf Fuß, böhm., um 1830 . 25
33 Kantiges Henkelkrügel aus Glas, böhm., um 1830 ... 35
34 Ranftbecher aus Glas, böhm., um 1840 50
35 Ranftbecher aus Glas, böhm., um 1840 45
Keramik
36 Vier Porträtbüstchen aus Wiener und böhm. Biskuit
porzellan, um 1848 40
37 Tintenzeug aus Hanauer Fayence, um 1724 20
38 Väschen aus süddeutsch. Fayence, Nürnberg oder Ans
bach, um 1740 14
40 Kaffeetasse mit Untertasse aus Wiener Porzellan, 1829 85
43 Kumme, gerippt, aus Wiener Porzellan, um 1765 ... 60
44 Tasse mit Untertasse aus Wiener Porzellan, um 1820 . 40
45 Fünf hohe Schokoladebecher mit Untertassen, Wien,
um 1780 380
46 Kaffeetasse mit Untertasse, Wien, um 1818 50
47 Tasse mit Untertasse, Wien, 1815 100
48 Tasse mit Untertasse, Wien, um 1822 120
49 Kleines Teeschälchen mit Untertasse, Meißen, 1780 . . 20
51 Kleine Kumme, Wien, um 1765 40
52 Tasse mit Untertasse, Wien, 1835 65