Abb. 36. Vorschneid-
rnesser. Rautengriff
aus Bein, nach oben
in groteskenTierkopf
(Einhorn) endigend,
deutsch, XVII. jahr-
hunden. Länge 22-7
Zentimeter
und ein Pfriem. Die Sitte des am Gürtel
tragbaren Bestecks war von Einiluß auf die
künstlerische Ausbildung der Geräte und hat
an ihren Griffen, welche aus der Scheide
oder dem Köcher herausragten, das auf-
steigende Ornament begründet. Dieses auf-
steigende Ornament wird im XVIII. Jahr-
hundert aufgegeben, und es tritt die um-
gekehrte Verzierungsweise ein, weil bei den
auf derTafel liegenden Bestecken die Messer-
spitze und die Gabelzinken als der obere
Teil, die Griffe dagegen als der untere Teil
angesehen werden mußten.
Die künstlerische Ausstattung der Griffe
hatte also im XVI. und in der ersten Hälfte
des XVII.]ahrhunderts ihre größte Berech-
tigung. Galt es doch, sowohl auf der Straße
als im Hause das Besteck, dessen Griffe aus
dem Köcher hervorragten und daher stets
sichtbar waren, wie einen Schmuck zu zeigen.
Oberitalien bevorzugt die ziselierte Bronze
mit Niello-Einlagen wie das schöne Medi-
ceer-Besteck der Sammlung (Abb. 80 und
81). Es kommt vermutlich aus dem Besitz
Cosimos I. de Medici, genannt der Große,
geboren 151g, seit 1538 Herzog von Flo-
renz, 1574 gestorben. Die Griffe sind vier-
kantig, auf den Breitseiten mit Niellen, auf
den Schmalseiten mit Silberplatten belegt.
Die Niellen tragen Darstellungen der ver-
schiedensten Musikinstrumente und das
Wappen der Medici. Aus vergoldeter Bronze
mit ziselienen Akanthusblättern sind die
Wurzeln der Griffe, deren Abschluß nach
oben Kappen aus einem Längswürfel mit
volutenfiirmigem Aufsatz bilden. Die Klinge
trägt in Atzung das Wappen der Medici -
die sechs Apothekerpillen und die Bezeich-
nung CyMfDE in einem Ziersehild. Kein
Land ist bei der Form und Ausschmückung
der Griffe so konservativ geblieben wie Ober-
italien, zumal für das XVI. jahrhundert. Die
Griffe sind stets vierkantig, zumeist aus Bronze und belegt
mit Silberplatten, auf denen der ganze Formenschatz der
Abb. 37. Vorschneid-
messer, Griff aus
Buchsholz geschnitzt,
mit Gruppe der Tu-
genden, nieder-
deutsch, XVII. jahr-
hunden. Länge
25-5 Zentimeter