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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 4)

len und lebendigen Inter- 
pretation der heimischen 
Landschaft, mit dieser 
feinen und innerlichen 
„poetischen Naturparal- 
lele" unverstanden zu 
bleiben. Man muß sich 
daran erinnern, welche 
Sachen, pathetischen und 
naturfremden, heute längst 
vergessenen Werke in 
Wien damals die Wände 
der Ausstellungen und 
der Sammlungsräurne be- 
herrschten, umSchindlers 
Schicksal zu verstehen. 
Man muß auch daran 
denken, daß damals Wien 
wenig oder gar keine 
große ausländische Kunst 
zu sehen bekam, daß erst 
nach Schindlers Tod die Künstler in Wien Gastfreundschaft genossen, die für unsere Tage 
als Führer und Meister bahnbrechend wirkten, als die Vereinigung bildender Künstler 
Österreichs (Sezession) die Mauern niederwarf, mit denen man den künstlerischen Horizont 
Wiens einzuengen suchte. 
Um so eindrucksvoller muß die eiserne Willenskraft und die scharfe Selbstkritik 
wirken, mit der Schindler sich selbst zu steigern und mit der er über die Schwächen seiner 
österreichischen Zeitgenossen hinauszuwachsen vermochte. Dieser künstlerische Aufstieg 
ist am besten dann zu verstehen, wenn man die jahreszahlen beachtet, die den aus- 
gestellten Werken beigegeben wurden. A 
Man wird dann erkennen, wie abhängig die früheren Arbeiten des Künstlers noch 
von der Begeisterung für den Galerieton alter Meister waren, als er selbst auszog, um in 
Holland Rembrandtsche Stimmungen aufzusuchen, als er im Prater hauste, um den über- 
grünten Tümpeln, dem verwachsenen Buschwerk nahe zu sein, das seiner lebhaften 
Phantasie Nahrung gab. 
Als ihm dann nach einer bewegten Bohernezeit ein glückliches Familienleben 
beschieden war, erstarkten in dem träumerischen, stets zum Erzählen bereiten Künstler 
auch die dekorativen Seiten seiner Begabung, je mehr er an Sicherheit und Bestimmtheit 
gewann. In Plankenberg (bei Neulengbach) und im Salzkammergut (Goisem) fand er 
einen immer innigeren Anschluß an die Natur, einen immer größeren und sicheren Wurf. 
Das allzureiche Detail seiner früheren Arbeiten löst sich allmählich in einer breiteren 
Behandlung der Probleme auf, die braunen und in die Natur hineingeschauten Stimmungen 
verwandeln sich in klare, vom wahren Sonnenlicht, von reiner Luft umspielte Tonwerte. 
Die silbergrauen Stimmungen der nassen Gebirgslandschaft beherrscht er nicht weniger 
als das Flimmern des Sonnenlichtes im Park und im Gemüsegarten seiner Wienerwald- 
heimat. 
Nun bildet auch nicht mehr die Wildnis oder der verfallene Garten seine Welt, sondern 
das lebendige Menschenwerk in der Natur, das er mit kundiger Hand in seiner eigenen 
Umgebung auch selbst zu schaffen weiß. 
In Schindler lebte noch das erzählende und gedankenreiche Wesen einer Kunst, 
die auch in der Landschaft Ideen verfolgte; zugleich ist er aber auch der leidenschaft- 
liche Vorkämpfer einer neuen Zeit, in der dem Maler vor allem die Farbe und das 
 
Ausstellung der modernen dekorativen Künste zu Paris. Gruppe aus gelbem 
Sienamarmor von E. M. Sandoz 
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