41'!
Stickerei silbrig tlimmernder Blütenbäume. Eine dekorative Bühne stellt auch der Spitzersche
Schaupavillon dar mit seinem Figurinenausstattungsstück der Moden des XIX. ]ahr-
hunderts. Das Jahr 1830 erscheint mit Stuartflügeln am Kragen, einer blauen mit Gold-
palmetten bestickten hermelinumrandeten Courschleppe. x85o grüßt ein tändelndes Rosa-
falbelkleid, um die Knie mit Lambrequinrand gerafft und mit Blümchengirlanden und grünen
Flören aufgebunden, dazu blaßrosa spitzige Schnebbentaille und Propfenzieherlocken über
den Ohren. x87o fegt die Krinoline daher, weiß mit lilagrünen Girlanden, der lila geschnürten
Corsage und den wie gehlähte Satteltaschen sich bauschenden Hüftwülsten. 1890 markieren
noch die Keulenärmel die Tendenz, den Frauenkörper über seine Ufer treten zu lassen.
Und daneben nun lang und schlank gestreckt die Linie von heut im engen Wickelkleid mit
Silber- und Goldschmelz, das nach oben seine federnde Krönung findet im schwanken
Reiher, herausnickend aus einem Brillantköcher.
ln Einzelkojen linden sich verschiedene Provinzen der Kleinkunst aufgeschlagen. Ein
besonders hohes Niveau zeigt die Stickerei in den erlesenen Nadelarbeiten der Florence
jessie Hoesel, die schlanker Weiden Haargezweig, beblümte Auen, wiesengrüne Hebungen
und Senkungen der Landschaft so suggestiv mit ebenso sicherem Gefühl für die Natur
wie für ihre
Technikund
ihr Material
in die Spra-
che der Na-
del und des
Seiden-
fadens über-
setzt. Eine
Fülle der
Kissen baut
sich in pran-
genderFülle
Ausstellung der modernen dekorativen Künste zu Paris. Fries, in Holz geschnitzt von Gasron alxf, und wie
L: Bourgeois eme Fonta"
nenkaskade
ergießen sich von oben die gelösten Strähne der schillernden Garnknäule. In den Motiven
und Tönungen dieser Arbeiten läßt sich nach der Periode des süchtig blassen Farben-
geschmackes jetzt eine strotzendere blutvollere Farbenlust beobachten, die bei aller
Schwelgerei immer harmonisch bleibt. Die Anregung und der Einfluß derVolkskunst scheint
hierbei mitgewirkt zu haben.
Auffallend schlecht vertreten zeigt sich Porzellan, Keramik und Glas. Hier sieht man
schlimme Gegenbeispiele, frauenzimmerliche Basarkinkerlitzchen, blümelnde Niedlichkeiten
und leblose Musterbuch-Ornamentmalerei.
Schön bewährt sich die Spitzen- und Fächerabteilung, in der man Bekannte aus den
wertvollen Ausstellungen dieser Zierate bei Friedmann und Weber und im Kunstgewerbe-
museum wiedertrilft.
In den Schmuckschreinen sieht man viel graues Silber mit Email und Halbedelsteinen,
nicht gerade originell, aber ganz reizvoll, viele Stücke zeigen nordischen Einfluß und
Anregung durch die schönen dänischen Silberarbeiten.
Einen lang vernachlässigten edlen Stoff verwandte Sophie Luise Schlieder neu, den
topasgelben rauchigen Bernstein. Sie schnitt aus ihm Messergriffe, Korkenknöpfe, Hut-
nadelplatten, Petschafte, die in Verbindung mit dem Metall sehr apart wirken.
Auch die bildende Kunst ist vertreten und man sieht in der gewählten Sammlung
manche der Bilder von der juryfreien Ausstellung wieder, die ja seinerzeit schon durch
das Überwiegen begabter Frauen auffiel. Markante Porträte von Agnes von Bülow, Anna