„Bayrischen Gewerbeschau" einigen Ausstellungsgruppen Erzeugnisse früherer Zeiten
gegenübergestellt werden. Es handelt sich dabei nicht um eine historische Kunstgewerbe-
ausstellung im hergebrachten Sinn, sondern um ein belehrendes Nebeneinander alter und
neuer Gewerbekunst, das seinen Zweck erfüllt hat, wenn die Gegenwart aus der Vergangen-
heit lernt, wie sie in technischer Hinsicht aus ihr Nutzen ziehen kann.
An dieser Separatausstellung, die von einer eigenen Kommission vorbereitet wird,
beteiligen sich die bayrischen Provinzialmuseen, vor allem aber die großen Nürnberger
Museen. Auch die Mehrzahl der Domkapitel, zahlreiche Stifter und Kirchen haben ihre
Beteiligung inAussicht gestellt. Allerdings bietet das Programm der historischenAbteilungen
der „Bayrischen Gewerbeschau" in seiner Verwirklichung große Schwierigkeiten, denn die
Absicht, mustergültige gewerbliche Erzeugnisse von einfacher Erscheinungsform aus
früherer Zeit vorzuführen, wird durch den relativen Mangel solcher gewerblichen
Erzeugnisse sehr erschwert. Kostbarkeiten sindviel häufiger erhalten als einfache Gebrauchs-
geräte, die in Form und Technik auch dem modernen Schaffen Anregung geben könnten.
Soweit es sich vorläufig überblicken läßt, wird besonders die Abteilung für kirchliche Kunst
trotz der beschränkten Ausdehnung ein ziemlich vollständiges und in den Einzelobjekten
glänzendes Bild ihrer Entwicklung im heutigen Bayern geben. Ebenso kann angenommen
werden, daß die historische Abteilung der keramischen Ausstellung zum erstenmal eine
fast lückenlose Überschau über Gefäßformen und Gefäßdekorationen im südlichen Deutsch-
land darbieten wird.
ARISER AUSSTELLUNGEN. Eine ungetrübte Freude ist der Besuch der
„Exposition de la Societe Nouvelle" in der Galerie Georges Petit. Der Präsident dieser
kleinen Gruppe auserlesener Künstler ist Meister Rodin. Die Meister der modernen franzö-
sischen Kunst (nicht die Ultramodernen) sind hier in geschlossenem Kreise vereinigt.
Nicht eine einzige mittelmäßige Leistung trübt die Harmonie dieses reinen Kunstgenusses.
Man kann für dieses oder jenes Kunstwerk eine persönliche Vorliebe haben, aber es ist
eine durchwegs prachtvolle Kollektion, deren Gesamteindruck ein wahrhaft festlicher,
ergreifender ist.
Vielfach wird das prachtvolle „Nu" (nacktes Frauenbildnis) von Lucien Simon als
der Glanzpunkt des Salons betrachtet. Man kann sich kein besseres Meisterstück bezüglich
Form, Farbe und lebendiger Schönheit denken.
Eine Freudenhymne an das Licht singt in allen Werken des berühmten Henri Martin.
Sein großes dekoratives Panneau „L'Automne" ist wie ein leuchtender Ausblick auf die
sonnige Pracht eines italienischen Herbstmorgens. Es stellt eine Terrasse mit Weinlaub
und einigen volkstümlichen Figuren dar. Letztere sind gerade genug rudimentär
behandelt, daß das Hauptgewicht sich in dem Lichteffekt konzentriert. Neurastheniker
könnten vor diesem Bilde gesund werden! l-lenri Martin hat seine Punktiermanier verfeinert,
man braucht jetzt einen weniger großen Abstand zu nehmen, um seine Bilder von dem
richtigen Gesichtspunkt aus zu betrachten, als dies bei seinen früheren Kolossalgemälden
der Fall war. Seine Kunst ist freudiger, lebendiger und farbenprächtiger geworden. Er
stellt diesmal noch sechs kleinere Landschaften und Genrebilder aus, welchen nichts
Mystisch-Symbolisches mehr anhaftet.
Rene Menard, auch ein Titan in der Künstlergilde, hat seinen eigenen, etwas
nüchternen, klassischen Stil. Seine Bilder führen uns diesmal in das moderne Griechenland.
In diesen Landschaften liegt eine gewisse Strenge, welche wie Ehrfurcht vor der klassi-
schen Vergangenheit des hellenischen Bodens klingt. Wirklich schön sind die beiden
Darstellungen: „Aphrodite" und „Le bain au crepuscule".
Wer einmal an den flimmernden Lichteffekten von Le Sidaner Gefallen gefunden hat,
der begrüßt seine Bilder schon von weitem immer wieder mit unverhohlener Freude. Bis
jetzt kannte man von ihm vornehmlich die feuchtschimmernden Londoner Mondschein-
bilder. Der Künstler weicht nun etwas von seinen lichtgrün-blauen Sinfonien ab. „La