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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 4)

Die Sage erzählt jedoch über die Gründung des Klosters Wilten die 
folgende sehr abenteuerliche Geschichte: 
Ein Riese namens Haymon, einem adeligen Geschlechte Bayerns ent- 
sprossen, soll, von einem Zuge nach Worms zurückkehrend, einen andern 
Riesen namens Thyrsus, einen Rivalen seiner Größe und Kraft, bei Tirschen- 
bach im Oberinntal erschlagen haben und da ihn Reue über diese Freveltat 
ergriffen hatte, zur Sühne das Kloster gegründet haben, um dort als Laien- 
bruder sein Leben zu beschließen. Ein großer Drache, dessen Zunge allein 
ein Meter lang war, der sogenannte Silldrache, der sich in den schaurigen 
Schluchten des Wipptales an der Sill aufhielt, riß aber bei Nacht all das 
nieder, was bei Tage am Klosterbau geschafft worden war, bis es endlich 
Haymon in einer Nacht nach langem Kampf gelang, das Untier zu erlegen. 
im Jahre 878 soll der Riese sein Leben im Kloster beschlossen haben und 
dortselbst begraben worden sein. 
Die vier Meter hohe Holzstatue I-Iaymons, dessen Name bereits in der 
ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts Erwähnung Findet, befindet sich derzeit 
in der Kapelle des St. Michael-Friedhofes. Sie dürfte unter dem Abte Leon- 
hard Klingler (1498-1531) angefertigt worden sein. Die Figur lag anfangs 
auf dem angeblichen Grab des Riesen in der Klosterkirche, kam im Jahre 1709, 
als ein neues Oratorium gebaut wurde, unter das Dach, um später in der 
Bibliothek einen Standplatz zu erhalten, bis sie endlich im Jahre 1847 auf den 
Friedhof verwiesen wurde. Eine andere Statue Haymons sowie eine seines 
Gegners Thyrsus wurde an der Klosterfront zur Aufstellung gebracht. 
DerWappenschild des Riesen, derI-Ielm 
mit dem Federbusch sowie die Drachen- 
zunge, mit der die Statue Haymons versehen 
ist, sind spätere Zutaten, mit denen man die 
Figur des angeblichen Stifters von Wilten 
bereicherte. Der Wappenschild des Riesen 
I-Iaymon zeigt in einem grünen Feld einen 
silbernenQuerbalken,vielleichteineBezug- 
nahme auf den Innfluß oder die Sill. Der 
Helm des Wappens trägt als Kleinod einen 
auf einem roten Polster sitzenden natür- 
lichen Leoparden. In Konrad Grünen- 
bergs bekanntem Wappenbuch aus dem 
Jahre 1483 ist ebenfalls das Wappen 
I-laymons eingetragen („I-Ieimo der I-Ielt 
der zuo wilte begraben litt"), hier aber er- 
scheint ein blauer Querbalken in einem 
weißen Feld, auch fehlt der Polster auf dem 
Helm, der mit einer blau-weißen Decke ge- 
schmückt ist. Abt Andreas Mayr, der von 
1621 bis 1650 dem Stift Vorstand, wollte Abb. 4. Benediktinersüft Muri-Gries. 1891 
 
 

	        
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