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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 5)

reichliche Anwendung des Handbohrers zur Erzielung „illusionistischer" 
Schattenwirkungen ist bekanntlich (vgl. Wickhoffs „Wiener Genesis") für 
die spätrömische Marmortechnik charakteristisch. 
Zu den Neuerwerbungen aus dem ausgehenden Mittelalter übergehend, 
müssen wir an erster Stelle die aus der alten Pfarrkirche in Goisern stammen- 
den zwei wertvollen gotischen Altarflügel erwähnen (Abb. 3 und 4), die im 
Jahre 1838, als die Kirche abgebrochen wurde, in den Besitz des damals im 
nahen Ischl stationierten Berg- und Salinenbeamten Franz von Schwind 
gelangten (wobei vielleicht Moritz von Schwind, der seinen Bruder öfter 
besuchte, die Hand im Spiel hatte), von der Witwe einem wohltätigen 
Verein vermacht und von diesem an unser Museum verkauft wurden. Mit 
dieser genau feststellbaren Provenienz 
stimmt der salzburgische Charakter der 
Malereien der beiden Tafeln überein. 
Sie sind doppelseitig bemalt und in 
den alten Originalrahmen (goldene Rund- 
leiste, blaue Hohlkehle und roter Rand) 
erhalten (Größe 90:46 Zentimeter). Die 
Malereien (Tempera auf Kreidegrund) 
der Außenseiten der Flügel sind, wie 
gewöhnlich, stärker beschädigt. (Bei der 
Absichtlichkeit dieser Verletzungen, wie 
zumBeispiel des Ausstechens der Pupillen 
in den Augen der Heiligen, darf man sich 
daran erinnern, daß Goisern auch nach 
der Durchführung der Gegenreformation 
ein Hauptsitz des Kryptoprotestantismus 
blieb.) Sie stellen die Einzelfiguren der 
heiligen Barbara und des Evangelisten 
Johannes dar, beide stehend, in gold- 
grünem Gewand und rotem Mantel und 
mit lang auf die Schultern herabfallen- 
dem, blondem, gelb gehöhtem Haar. Die 
gekrönte Barbara hebt mit der Linken 
den Turm empor, St. Johannes „be- 
spricht" den Kelch, dessen Gift sich 
unter seiner Beschwörung in Schlangen 
verwandelt, die sich aus dem Pokal 
herausringeln. Die vollen Gesichter mit 
den herabhängenden Unterlippen zeigen 
einen bäuerischen Habitus, die schmal- 
und langgliedrigen Hände sind dunkel- 
braun konturiert. Von derselben Hand, 
_ _ _ Abb. 4. Darstellung im Tempel, salzburgisch, 
aber feiner und in kleinerem Maßstab xv. Jahrhundert (Angekauf: aus einer Spende)
	        
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