lassen. Übrigens haben sie ja
ein Hilfsmittel gehabt, um den
kritischen Beschauer zur An-
legung des richtigen Masstabes,
des Abmessens zwischen künst-
lerischem Ziel und erreichter
Wirkung zu zwingen: den Ka-
talog. Dieses Mittel haben sie
auch Weidlich genützt; das dicke
Buch, das in den einzelnen Häu-
sern noch durch besondere Bro-
schüren ergänzt wird, hat einen
seltenen Fehler: Es steht zu viel
darin. Besonders Olbrich hat sich
zu viel Freiheit genommen, sich
zu viel Raum verstattet. Auf
die Gefahr, banal zu werden,
muss hier das Wort: „Bilde
Künstler, rede nicht!" citirt
werden. Ich möchte mit diesem
Tadel nicht in die Breite gehen.
Doch war eine Notiz darüber
im Interesse der Künstler selbst
Ausstellung der Künstlercolonie in Darmstadt, geboterL Beim Leser}. der Plin-a-
Kinderbett, entworfen von P. Behrens, ausgeführt SED des Kataloges konnte Clnßf
"m1- D- "eymann- "ambmg die Meinung bekommen wo so
,
viele Worte sind, müssenWerke
fehlen. Und diese Beurtheilung wäre ein böses Unrecht. Olbrich, der im
Kataloge gerne poetisch wird und sich in Abstractionen gefällt, ist ein fleissi-
ger, einfallsreicher Künstler, der es nicht nöthig hätte seinen Interieurs Phrasen
mitzugeben wie die folgende: „Das Wohnzimmer" -- Eine schwarz-weisse
Zeichnung. - Dem Guten im Menschen eine Verkörperung im Raume zu
geben, war Motiv für alles" u. s. w. Dabei ist der Raum weiss-violett und
niemals soll die Wirkung eines Interieurs die einer Zeichnung sein -- von dem
übrigen Motivenberichte gar nicht zu sprechen. Am besten ist die Architektur
Olbrichs im Hause Deiters gelungen, dem kleinsten, billigsten und an-
spruchlosesten. Wäre die Beurtheilung des Publicums rasch, gerecht und
leicht zu constatiren, so würde hier der Schwerpunkt der ganzen Colonie-
arbeit liegen. Dieses Haus vermag mit vielem zu versöhnen. Es ist ein
lebensgrosses Argument für den neuen Stil. Hier erweist es sich nämlich,
dass diese moderne Art für jeden Menschen unserer Generation taugt.
In diesem Hause, dessen Aussenansicht durch einen im Grundrisse bedingten
Flügelbau eine Picanterie enthält, gibt es trotz des kleinen Areales recht
grosse Räume und vor allem: das ganze Haus enthält keinen unwohn-
Ausstellung der Künsllercolonie in Darmstadt, Haus Behrens, Musikzimmer. ausgeführt v. j. L. Peter. Mannheim
lichen Platz. Es gibt keine Corridore, keine todten Winkel. Vorn Vor-
raurne an ist alles warm, bewohnbar. Von alldem wird bei Charakterisirung
der Interieurs noch die Rede sein. Den Abschluss der Olbrich'schen Archi-
tekturen bilden das Theater und das Ernst Ludwig-Haus. Das Festspiel-
haus, von aussen nicht besonders merkwürdig, hat vor allem keine regel-
rechte Bühne und keinen regelrechten Zuschauerraum. Das klingt wie
Spott, soll aber bei weitem keiner sein, denn da im Hause auch nur die
Stimmungskunst herrschen soll, bedurfte es grossen scenischen Apparates
ebensowenig wie fester, niet- und nagelfester Sitzreihen. Theatertechnisch
eine wohlthuende Neuerung ist die tief-violette T uchverkleidung, die Decke
und Wände weich und wundervoll akustisch macht.
Das Ernst Ludwig-I-Iaus soll den Mittelpunkt der Colonie bilden. Es
ist ein langgestreckter niederer Bau geworden, dessen Facade einen ein-
zigen Stützpunkt im Portale hat, das von zwei überlebensgrossen Figuren
von L. I-Iabich (Mann und Weib) flankirt wird. Allerlei Ornament - nicht
allzu architektonisch q verziert diesen Eingang. Der Grundriss ist so
gehalten, dass das obere Stockwerk im Mittelpunkte eine Halle (für Aus-
stellungszwecke) hat und rechts und links sich die Einzelateliers anschliessen,