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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 5)

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Empire-Ornamente, die als Federzeichnung hinzugefügt wurden, sind doch zu lässig und 
ohne künstlerische Sicherheit. 
Besonders fesseln in der Ausstellung natürlich alle Versuche, die im Stoff oder der 
Technik etwas Neues bieten. Die moderne Mode und das Bild der Dame von heut reizt 
als Thema. Und da wirken verblüffend die Schnitte des jungen Prinzen Friedrich Leopold. 
Seine Typen haben einen fabelhaften Schmiß in der Bewegung; er bringt die Pikanterien 
der Rockkontur, den Linienwitz der gestreckten senkrechten Körperlinie zu der Hori- 
zontalen des breitliachen I-lutdaches espritvoll heraus; eine sehr amüsante Nuance findet 
er in dem eidechsenhaft schwänzelnden Schleppenstreif des geteilten Rockes; und seine 
behenden Finger sind sehr bemüht um wuscheliges Pelzwerk und kapriziöse Frisuren im 
Turban und mit Reiherstutz, dessen sprühende Halme so dankbar für den Papierschnitt 
sind. Eine ganze Modenrevue baut sich auf. Käte Berger läßt Poiret-Typen auftreten; 
farbig komponiert sie: lila Gewänder mit Goldhaube und schillernde Fransenschals. Alice 
Friedländer hüllt ihre Schlanke in ein Tüllgitterkleid auf durchschimmemdes Weiß, und 
das Weiß ist natürlich der Grund des Papiers. 
Helen Reiter erzielt die witzigsten Wirkungen mit ihren mehrfarbigen Schnitten aus 
Buntpapieren; drolligstes Beispiel ist ihr Liebespaar in Rückenansicht: der k. k. Leutnant 
im Tschako und weitem hellen Cape, das faltig um die Begleiterin geschlagen ist („Mit 
meinem Mantel vor dem Sturm beschütz ich Dich"), und unter dem Cape kommt der 
rote Volant des Damenrockes vor und oben der schwarze Frisurkopf. Mit der bei der 
Silhouette sonst gewohnten Tracht von ernstem Schwarz ist also gebrochen. So finden 
sich auch Umrisse weiß geschnitten und auf Grau geklebt, zum Beispiel die eleganten 
Wagenstudien von Mochi: Dogcart und Tandem, mit amüsanter Betonung der Dos-a-dos- 
Situation von Gent und Groom, schlanke Phaethons mit tiligranfeinen Rädern und wippen- 
den Federn. Und die Helle vermittelt den Eindruck des Schnellen, Flitzenden. 
Große Virtuosität tummelt sich aber in der vielfarbigen Verwendung von Bunt- 
papieren, nicht nur uni-tonig, sondern auch in gestreiften, marmorierten, karrierten 
Mustern, die dann die ulkigsten Spießerhosen im Stil der Zeichnungen Wilkes und 
Thomas Theodor Heines darstellen hilft, zum Beispiel bei dem „alten Herrn" Arno 
Drenkers auf dem geiiochtenen Rohrstuhl, dessen Gitterrückenlehne ausgeschnittenes 
Gelbpapier gefügig wiedergibt. In der Beschreibung mag das vielleicht etwas billig spie- 
lerisch scheinen, aber es werden doch frappante Charakteristiken damit erreicht, so in 
den lebendigen sächsischen jägertypen. Und zu erstaunlichen Landschaftsstimmungen 
voll koloristischer Impression steigert sich das in den großen Bildern aus bunter Papier- 
schnitzelmosaik zusammengeklebt, die von der Mainzer Kunstgewerbeschule unter der 
Lehre Lichtenbergers und der Hamburger (Professor Richard Meyer) gesandt wurden. Da 
sieht man schwarz ausgeschnitten das Maschenwerk einer Eisenbrücke, darunter grau- 
schimmerig (der ausgesparte Papiergrund) das Wasser, darin mit den Konturen in 
Schwarz und dem grünen Bootshaus ein Kahn und um ihn schwarz geschnipseltes 
Wellengekrissel. Großzügiger noch erscheinen die Hamburger Tableaux, wuchtige und 
saftige farbenstrotzende l-Iafenstücke: starrende Flügelparade brauner, roter, grauer 
Segel; Mastengewimmel; überschneidende Schiffsbuge; Staketgitterung am Hafen 
(ähnlich wie in Antwerpen), durch die der Hintergrund mit japanischem Craquele über- 
zogen scheint; graugrüne Uferstriche gegen orangegelben Horizont. Zu Exzentriks ver- 
leitet dann das Buntpapierwesen. 
Das Hantieren mit Flitter und Goldgeschnitzel führt zu Varietekünsten, und die 
gaukeln die Arbeiten von Julie Feininger oft amüsant und nicht ohne Geschmack uns 
vor. Wandelnde Nachthuldinnen mit dem Mohrenzwerg (ä la Rosenkavalier). Kakadus, 
Wandschirme, verheißungsvolle Causeusen, die Diseuse mit dem grellen Mund; und als 
die Muse dieser Artistik läßt sich die Dame ansprechen, die im Goldgitterfauteuil sitzend, 
mit grünem Reiher, unter ihrem Rosareifrock in einer karessanten Bucht duftig schwim- 
mendes Volantgewoge erblicken läßt.
	        
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