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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 6 und 7)

aller Malerei erklärt wird! Von der Wandlung, die sich 
in der kunsthistorischen Wertung der Barocke voll- 
zogen hat, wird Österreich mit am meisten profitieren. 
wie sich heute deutlich zeigt. Zu den Künstlern, die 
noch vor wenigen Jahren kaum dem Namen nach 
bekannt waren und die heute mit deutlich umschrie- 
bener Physiognomie, in ihrer vollen künstlerischen 
Figur, vor uns stehen, gehörtjosefThaddäus Stammel, 
dessen Bildwerke Admont und die Admonter Kirchen 
verherrlichen. Auf ihn haben zuerst der treflliche 
Grazer Konservator Graus und Schnerich energisch 
hingewiesen; dann hat Suida den imposanten Drei- 
Pferde-Altar (St. Martin, St. Paul und St. Eligius, mit 
je einem Pferd) in seinen „Österreichischen Kunst- 
schätzen" gebracht, und jetzt breitet ein Landsmann 
das Lebenswerk Stammels, soweit es bis heute eruier- 
bar war, in 56 Lichtdrucktafeln vor uns aus" und ruft 
damit den Eindruck einer künstlerischen Persönlichkeit 
hervor, die ernste Beachtung und eifriges Studium 
verdient. Die Berührung mit Stammel hat etwas Er- 
frischendes: er gewinnt den abgeleiertsten Sujets neue 
Reize ab und überrascht immer wieder durch die 
sprudelnde Fülle seiner Erfindungen. Dabei ist er nie 
geschraubt oder geziert, sondern wahrhaft volksmäßig, 
kräftig und originell in der Empfindung bis zur Derb- 
heit. Seine (urkundlich beglaubigte) italienische Reise 
hat ihm kein akademisches Zöpfchen angehängt, aber 
man kann ihre Spuren in der hohen formalen Schön- 
heit zum Beispiel der beiden vergoldeten Reliefmedail- 
lons am Frauenberger Altar oder dervier weiblichen 
Allegorien in der Admonter Stiksbibliothek deutlich 
erkennen. Seine leidenschaftlich erregten, prachtvoll 
durchgebildetenApostel (ebendort)verraten einen ganz 
deutlichen Ehrgeiz in der Richtung gegen Michelangelo 
und so weiter. Es wäre dankbar gewesen, diesen 
Spuren und Einliüssen nachzugehen wie auch an den 
Jugendwerken Stammels die Schulmerkmale (Schoy) 
aufzuzeigen. Dann hätte angedeutet werden müssen, 
was in seinen Werken gemeinsames Gut der Zeit ist, 
und die Parallele mit verwandt strebenden alpenlän- 
dischen Bildschnitzern des XVIII. Jahrhunderts, zum 
Beispiel der Familie der Schwanthaler in Oberöster- 
reich, hätte lehrreiche Ergebnisse zutage gefördert. Am 
originellsten ist Stammel in der Eigurenreichen Erzäh- 
lung, wo er seiner Phantasie und Laune die Zügel 
schießen läßt, wie auf den Reliefs in Seitenstetten oder 
jenen der Admonter Stihsbibliothek. Hier hat sein Stil 
ein ganz charakteristisches, nicht wieder zu vergessen- 
des Gepräge. Mayr hat sich darauf beschränkt, die 
"' Die Werke des Plastikers Josef Thaddäus Stammel in Ad- 
mont und andern Orten (f 1765). Herausgegeben von Professor 
Anton Mayr. Wien rgrz. Verlag von Anton Schroll ä Co. 
Ausstellung der Kunstgewerbeschule 
Wien. Skizzen, unmittelbar in Holz ge- 
schnitzt von Wilh. Sliwka (Fachklasse 
Professor F. Barwig) 
"x
	        
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