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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild, Übersichtsband, 2. Abtheilung: Geschichtlicher Theil

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eine scharfe Klageschrift an den Papst, die aber gegenstandlos ward, denn das mährische 
Reich hörte unter den Schlägen der Ungarn um 905 oder 906 auf. Im folgenden 
Jahre, 907, wurde von ihnen auch die baierische Kriegsmacht vernichtet, und die Ungarn 
occupirten das Land bis an die Enns, die alte Grenze des Avarenreiches. 
Erwähnt sei, daß hinter den Ungarn die Petschenegen als Verfolger Herzogen und 
sich in ihrer östlichen Nachbarschaft, in dem heutigen Rumänien (Moldau und Walachei) 
niederließen, und daß den Petschenegen die Kumanen nachfolgten, die im XI. Jahrhundert 
Herren der Petschenegen, also neue Nachbarn der Ungarn wurden. Diese fanden in dem 
weiten Lande eine slavische (slovenische) Bevölkerung vor, die wohl durch den Einfluß der 
baierischen Bischöfe und Klöster im westlichen Theile mit deutschen Ankömmlingen vermischt 
war, welche dann aber wieder verschwanden. Im Süden waren die Kroaten und Serben 
seit 634 theils unter fränkischer, theils unter byzantinischer Botmäßigkeit ansäßig. 
Den unumstößlichen Beweis dafür, daß die Ungarn überall, auch in dem heutigen 
Siebenbürgen, nur eine slavische Bevölkerung fanden, liefert die ungarische Sprache selbst, 
denn soweit ihre Verbreitung reicht, überall zeigt sie dieselben zahlreichen slavischen Wörter. 
Diese Erscheinung spricht auch dafür, daß sich zwischen der früheren slavischen Bevölkerung 
und den neuen Ankömmlingen, obgleich sie als Herren angesehen werden müssen, bald ein 
sehr friedliches Verhältniß entwickelt hat, das nicht nur ein ruhiges Nebeneinanderwohnen, 
sondern auch eine Verschmelzung förderte: gewiß ist ein Theil der slavischen Bevölkerung 
im Ungarthum aufgegangen. Aber dieses friedliche Verhältniß und dieses Aufgehen im 
Ungarthum ist uns auch dafür ein Beweis, daß es weder im Innern des eigentlichen Ungarn, 
noch in Siebenbürgen irgend ein slavisches oder sonstiges Staatsgebilde gab, welches der 
Oeeupativn einen anhaltenden Widerstand hätte leisten können. Das sogenannte Mähren 
reich im Nordwesten allein wäre widerstandsfähig gewesen, wenn es mehr inneren 
Zusammenhang gehabt hätte. Aber die Mährer werden sogar in der letzten Klageschrift 
der baierischen Bischöfe beschuldigt, daß sie sich bereitwillig den Ranbzügen der Ungarn 
angeschlossen hätten. Als dann im XI. Jahrhundert die Ungarn das Christenthnm 
annahmen, erhielt ihre Sprache für religiöse und kirchliche Gegenstände sehr viele Aus 
drücke, welche dem Altslovenischen entnommen sind. Dies ist nur so erklärlich, entweder 
daß die Erinnerung au das slovenische Christenthnm sich bis zu dem XI. Jahrhundert 
erhalten hat, oder daß die ersten Religionslehrer der Ungarn aus Böhmen stammten, 
unter denen die slovenische Kirchensprache des Methodius erhalten blieb. 
Daß Religionslehrer der Ungarn auch aus Böhmen gekommen sind, ist gar nicht 
unwahrscheinlich; hat doch der Prager Bischof Adalbert den Großherzog Geisa und dessen 
Sohn Voik getauft, der in der Taufe den Namen Stefan erhielt und als Begründer des 
ungarischen Christen- und Königthumes nachher unter die Heiligen gezählt wurde. Dennoch
	        
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