werden: doch muss bei jedem Ausnehmen immer ein grosser Theil als unbrauchbar ausgemu
stert werden. Das Wiener Porzellan verlieret beim Starkbrennen ein Siebentel am Umfange, wor
auf bei der Bereitung von Sachen, die ein bestimmtes Mass hatten sollen, geachtet werden muss.
Das blaue Porzellan ist nun fertig und Kaufmannswaare; das weisse Porzellan aber wird auf der
Glasur theils mit Metallen, theils mit Metalloxyden, die mit einem Flussmittel versetzt und mit ger
einigtem Terpentinöhl zu einer mit dem Pinsel zu handhabenden Masse angemacht sind, bemah-
let. Die Farben werden dann in den 2’A Schuh hohen und langen, zwei Schuh breiten Muffeln, wo
von jeder Emailofen zwei enthält, theils mit Holz, theils mit Kohlen bei einer Temperatur von vier
zehn bis achtzehn Grad Wedgwood, bei welcher das Farbenflussmittel schmilzt, und sich mit der
Porzellanglasur innig verbindet, eingebrannt. Nach drei Stunden sind gewöhnlich die Muffeln und
alle darin befindlichen Stücke weissglühend und der Brand, wenn die herausgenommene Probe
gut befunden wird, geendigt. Jene Stücke, die eines öfteren Übermahlens bedürfen, vorzüglich
die bessern kleinen Stücke, werden im Kohlenemailfeuer gebrannt; auch sehr zarte Farben, wie
rosenroth, purpur, violett, gerathen in diesem besser. Das Einbrennen der Farben in den mit
Holzkohlen von allen Seiten belegten Muffeln ist schon in einer halben Stunde geendigt; die
Stücke sind aber dem Zerspringen und Misslingen mehr ausgesetzt, als in den mit Flammenfeuer
geheitzten Muffeln.
Die hiesige Fabrik besitzet sechs und dreissig Hauptfarben, durch deren Vermischung und Be
handlung von geschickten Künstlern eine grosse Menge Nebenfarben hervorgebracht werden
können. Unter diesen Farben sind nur drei, welche ohne merkbare Veränderung das Starkfeuer
aushalten; nämlich das Uranschwarz, Kobaltblau und Chromgrün. Man macht aber nur vom Ko
balte Gebrauch, um damit auf die eben beschriebene Art unter der Glasur zu mahlen. Mit einigen
Farben, z. B. Goldpurpur und Kobaltoxyd kann man über andere mahlen; andere, z. B. Schattir-
grün aus Kupferoxyd, werden bloss zur Unterlage und Schattirung von diesen, daher mit wenig
Fluss versetzet gebraucht. Die leichtern Nüancen werden in Einer, die dunklen Farben aber in
zwei, drei auch vier Lagen aufgetragen. Im höchst fein zertheilten rein metallischen Zustande
werden bloss Platin, Gold und Silber gebraucht, übrigens wie Farben behandelt. Sie kommen
matt wie eine braune oder graue Farbe aus dem Feuer, und erhalten ihren metallischen Glanz erst
durch das Poliren mit de Achatsteinen, statt derer man sich auch der Blutsteine bedienen kann.
Die Vergoldung, welche matt werden soll, kommt nach dem Poliren noch einmahl ins Emailfeuer.
Die Verzierungen von erhabenem Golde werden auf das schon einmahl gebrannte und polirte
Gold mit dem Pinsel wie eine Farbe aufgetragen. Durch Wiederholung der Arbeit kann man
diese Verzierungen so erhoben machen, dass sie wie Basreliefs aussehen. Die Mahlereien mit
Gold, welches durch Quecksilber gefällt worden ist, sind dem Bronze ähnlich. Die Schönheit der
Farben hängt von der Feinheit der Metalle oder Metalloxyde, von der Qualität und Quantität des
Flusses, von der Beschaffenheit des Terpentinöhls, von dem beim Aufträgen verwendeten Fleisse
und von dem Einbrennen ab. Wenn sich das Gold während des Polirens von der Glasur hebt,
schwer zu poliren und mit Blättchen vermischt ist: so hat es entweder zu viel Borax als Flussmit
tel bekommen, oder es ist zu stark gebrannt worden. Das Aufsieden des Goldes und der Farben
geschieht nur, wenn der Mahler mit zu dickem, harzigem Öhle gearbeitet hat. Durch zu starkes
Brennen werden die Farben blässer und unansehnlicher, und die mit alkalischen Flüssen versetz
ten springen dann gern ab. Auch durch die von schlechten Kohlen in die Muffel dringenden
Dämpfe werden manchmahl Mahlereien verdorben. Eine vorzügliche Schwierigkeit bei Kunstge-
mählden auf Porzellan bestehet darin, dass die meisten Farben sich im Feuer verändern und der
Künstler also den Effekt seiner Arbeit nicht sogleich während des Fortganges derselben beur-
theilen kann, sondern mit der Phantasie voranschreiten und sich vorstellen muss, in welchem Zu
stande sein Werk aus dem Feuer kommen wird. Desswegen ist für die Porzellanmahlerei eine be
sondere Künstlerschule nothwendig. Man hat jener Schwierigkeit einigermassen dadurch abge
holfen, dass man die Metalloxyde mit ihren Flüssen versetzt vorher brennet und dann wieder fein
reibet. Manchmahl gehen ganz fertige Kunstarbeiten, woran der Künstler Monathe lang gearbei
tet hat, im letzten Emailfeuer zu Grunde und werden zu Scherben . . .
Das Wiener Porzellan zeichnet sich durch seine rein weisse, ebene, glatte, spiegelnde Oberfläche
selbst in grösseren Stücken, durch seine Dauerhaftigkeit und durch die Fähigkeit Tempera
tursabwechslungen zu ertragen, vor allen übrigen vortheilhaft aus; daher sieht man auch von kei
nem andern so viel Tafelgeschirr als von diesem. In Hinsicht der Schönheit und des Reichthums
der Farben, so wie in Hinsicht des Kunstwerthes der hier verfertigten Gemählde, macht ihr keine
Fabrik einen bedeutenden Vorsprung streitig (Scholz 1819, S. 229-241, 245).
1824
Errichtung einer Niederlage in der Inneren Stadt (Singerstraße) und weiterer Niederla
gen in Livorno, Triest, Venedig und Mailand.
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