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um sein Urteil über den in Wien vorgefundenen
Stand der Bildung und des Geschmacks, der
Gelehrsamkeit und Literatur, der öffentlichen
Anstalten und des Theaters befragt. Sie soll
hierbei die charakteristischen Worte gebraucht
haben: „Ich weiß wohl, daß es mit dem guten
Geschmacke nicht recht vorwärts will. Sage Er
mir doch, woran die Schuld liegt? Ich habe alles
getan, was meine Einsichten und Kräfte erlauben.
Aber oft denke ich, ich sei nur ein Frauenzimmer,
und eine Frau kann in solchen Dingen nicht viel
ausrichten."
Bestanden also schon seit den sechziger
Jahren lebhafte Beziehungen zwischen Wien und
den führenden Geistern Deutschlands, die wir als
die Vorläufer des Klassizismus in Literatur und
Kunst betrachten dürfen, so fällt noch mehr ins
Gewicht, daß man bereits 1766 Winckelmann,
dessen „Gedanken über die Nachahmung der
griechischen Werke in der Malerei und Bild-
hauerkunst" 1754, dessen „Anmerkungen über
die Baukunst der Alten" 1760, dessen „Ge-
schichte der Kunst des Altertums" in erster Auf-
lage 1764 erschienen war, für die dann von
Sonnenfels bekleidete Stellung eines Sekretärs
der Akademie ins Auge gefaßt hatte, was
Winckelmann freilich ablehnen muBte. Und als
Winckelmann, kurz vor seiner Ermordung, 1768,
in Wien weilte, wurde er in Schönbrunn von der
Kaiserin und der ganzen kaiserlichen Familie 0"" "S im? sk;:e;""h'" ms"
mit besonderer Auszeichnung empfangen. Das 5c o c n "um
Manuskript der zweiten Ausgabe seiner „Geschichte der Kunst des Alter-
tums" trug er bei sich, als er kurz darauf in Triest ermordet wurde, es
gelangte an die Wiener Akademie und wurde 1776, leider in sehr fehler-
hafter Ausgabe, auf Kosten des Ehrenmitgliedes der Akademie, des hoch-
gebildeten Mäzens Grafen Johann Fries, mit einer Widmung von Sonnenfels
an Kaunitz in Wien gedruckt. .
Die Widmung an Kaunitz ist bezeichnend und berechtigt. Denn wieder
sehen wir auch in dieser Epoche, wie zur Zeit der aufblühenden Entwicklung
des Maria Theresianischen Stiles, in der bildenden Kunst Österreichs diesen
Wahrhaft großen, geistig führenden Mann an der Spitze jener Bestrebungen
stehen, welche der neuen Zeit eine neue Zeitkunst vermitteln wollen. Neben
den politischen Interessen nehmen die Fragen der Hebung der heimischen
Kultur und Kunst, des Wirtschaftslebens und der technischen Hilfsmittel den