Fürsten Gallitzin jenes in seinen
Formen höchst charakteristische
Lustgebäude errichtet, das später
in kaiserlichen Besitz überging
und wo noch der Vater unseres
Kaisers stets am 1. Mai vor Beginn
der Praterfahrt ein Diner zu ver-
anstalten pflegte. Hand in Hand
mit der Aufmachung des Praters
erfolgt der Ausbau der Jägerzeile,
welche bis zur Stadterweiterung
und Anlage der Ringstraße als
eine der vornehmsten Straßen
Wiens galt. 1780 wird hier die
alte Nepomukkirche errichtet,
nachdem das frühere, dem heiligen
Nepomuk geweihte und für die
kaiserlichen Jäger im Prater be-
stimmt gewesene I-Iolzkirchlein
(an der Stelle des heutigen Zirkus
Busch) abgebrochen worden war.
Außer im heutigen zweiten
Bezirke wird unter Kaiser Josef
vor allem im heutigen neunten
Bezirke umfangreiche Bautätigkeit
entfaltet, es entsteht das Allge-
meine Krankenhaus, die eben jetzt abgebrochene Alserkaserne, das Garnisons-
spital und vor allem das Joseiinum, 1785 vom Hofarchitekten Cannavale
(Canneval) errichtet, dessen Familiennamen wir bereits in früherer Zeit beim
Palais Paar in der Wollzeile begegnen. Das Joseiinum, das wertvollste
Monumentalwerk der josetinischen Epoche, ist ein lebendiges Zeugnis der
neuerwachten Baugesinnung, welche den Monumentalbau in seinen Ideen
und architektonischen Betonungen von innen nach außen heraus ent-
wickelt. Der Stich von Schütz zeigt uns den Vorgarten noch ohne den
Brunnen von J. M. Fischer. Hauptansicht und Seitenfiügel des Gebäudes
mit jonischer Pilasterordnung und sehr charakteristischen Fensterbildungen
bieten ein Vollendetes Beispiel jener ruhigen Würde, welche dem neuen
Geiste der Baukunst völlig entspricht. Hochinteressant sind auch das Biblio-
thekszimmer mit seiner schlanken Säulenteilung und der Festsaal, während
Stiegenhaus und Gänge etwas kleinlich geraten sind.
Schon unter Maria Theresia, mehr aber noch unter josef II., welcher
Industrie und Gewerbe in der ihm eigentümlichen absolutistischen Weise
fördert, kräftigt sich das Wiener Bürgertum immer mehr und mehr und
gelangt zu steigendem Wohlstande. Der typische Ausdruck dieser veränderten
Portal eines Hauses in Wiener-Neustadl, Niederösterreich