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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Galizien

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umso erwünschter und wurden umsomehr gesucht, weil sie meist ihr dort erlerntes Gewerbe 
in die Heimat zurückbrachten. Die Frauen brachten die Kunst der orientalischen Stickereien 
und vielleicht den Gebrauch der gestickten Hemden mit, die wir noch heute in verschiedenen 
Gegenden antrefsen, besonders an den Usern des Dniester, des Pruth u. s. w. Und manche 
orientalische Stickmuster, die wir noch heute in Kirchen und Klöstern bewundern, wurden 
in der Sclavcrei erlernt und vielleicht als Dankesvvtum sür die wiedererhaltene Freiheit 
am Altar niedergclegt. Aus dem Gesagten ist es leicht erklärlich, daß unsere Hausindustrie 
noch jetzt Spuren dieser aus dem Osten und aus dem Westen stammenden Einflüsse zeigt. 
Infolge der Kriege und kriegerischen Streifzüge haben sich Leute von verschiedenem 
Ursprung ins Gebirge und den Wald geflüchtet, um dort Schutz zu suchen. Wir finden 
noch heute in der ganzen Gebirgskette von der bukowinischen längs der ungarischen und 
fast bis zur schlesischen Grenze Bevölkerungen verschiedenen Ursprungs, die sich durch 
Tracht, Sitte und eigene Hausindustrie von der übrigen Bevölkerung sehr unterscheiden. 
So vor Allem die Huzulen, welche an der bukowinischen Grenze hauptsächlich im Kosöwer 
Bezirke wohnen, die Gebirgsbewohner im Stryjer, Sanoker u. s. w. Bezirke. 
Unter günstigen örtlichen Verhältnissen hat sich in gewissen Gegenden diese unsere 
Hausindustrie mit der Zeit nach der einen oder anderen Richtung mehr ausgebildet, so 
daß allmälig Ccntralpunkte für dieses oder jenes Product derselben unter Beibehaltung 
der alten Sitten und Traditionen der Bevölkerung entstanden. 
In jüngster Zeit haben sich unsere landwirthschaftlichen Bauernverhältnisse etwas 
verändert. Die jetzt gestattete und vielfach übliche Parcellirung der Bauerngründe bewirkt, 
daß es bereits jetzt Gegenden und Ortschaften gibt, wo die Bewirthschastung des sehr 
verkleinerten Grundstückes zur Ernährung der Familie nicht mehr hinreicht und daher, 
je nachdem in der Familie irgend ein Product der Hausindustrie besser cultivirt war, 
die Verfertigung dieses einen Productcs zur Hauptbeschäftigung wird. Mehrt sich die 
Nachfrage nach solchen Producten und reicht die Mitgliederzahl der eigenen Familie 
nicht mehr aus, um allen Bestellungen zu entsprechen, so werden Lehrlinge, Gehilfen 
angenommen, die Landwirthschast wird ganz aufgegeben oder auf die Bebauung eines 
kleinen Gärtchens redncirt und aus der Hausindustrie ist ein Kleingewerbe entstanden. 
Aber auch bei den auf die hier beschriebene Weise entstandenen Kleingewerben muß 
man noch solche unterscheiden, die das traditionelle eigenthümliche Gepräge der alten 
Hausindustrie, aus der sie entstanden sind, beibehalten haben und solche, die den allgemeinen 
rein industriellen Charakter besitzen. Die Producte unserer Hausindustrie tragen noch das 
alte traditionelle und nationale Gepräge und sind innig verbunden mit der Tracht 
unserer ländlichen Bevölkerung, die aus uralter Zeit stammt und für unser Klima und 
unsere Beschäftigung so anpassend ist, daß sich auch der Wohlhabende daran gewöhnt,
	        
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