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Folgen"' wohl als die mit der Überwachung des Apostels betrauten, von ihm
aber bekehrten und im Kerker getauften Soldaten Processus und Mamertinus
ansprechen dürfen.
Das dritte Bild (Abb. 3) schildert das Martyrium des Aposteltiirsten.
Links erhebt sich das in den Boden umgekehrt eingerammte Kreuz, an das
Petrus in langem Leibrock, den Kopf nach unten, mit Stricken festgebunden
ist. Die I-Ierübernahme des Stoffes aus der apokryphen Petrussage erhellt
aus dem das Kreuz umschlingenden Schriftband: „Dr-xs meus de celo ad trä
(z terram) (d)esEEdit me aüt de t'ra (z terra) ad ce (z celum) reuo (z revo-
care) digät (z dignatur)". Man möge, bittet er, nach dem Wortlaute des soge-
nannten Marcellustextes, auf dem Wege zur Richtstätte, ihn mit den Füßen
nach oben kreuzigen, weil nur Jesus, der vom Himmel auf die Erde kam,
würdig war, aufrecht gekreuzigt_zu werden, während er selbst durch Christum
gewürdigt werde, seine Füße von der Erde zum Himmel zu lenken." Den
rechten Teil des Bildes füllen Soldaten in phantastischen Rüstungen, von
denen einer eine Fahne mit der Devise SPQR trägt. Drei in der Mitte
scheinen unter dem Eindrucke des Martyriums und der versöhnenden Worte
Petri an seine Anhänger „nolite adversus Agrippam saevire et amaro animo
esse", zu staunen und Zwiesprache zu halten. Im Hintergrunde verliert sich
der Blick in eine Landschaft mit einer befestigten Stadt an einem breiten
Fluß, vielleicht die Hafenstadt Ostia der Apokryphenm" Goldbrokatgrund tritt
auch hier an Stelle des Himmels. Kühn erscheint auf diesem Bild die ge-
wagte Schrägstellung des Kreuzes mit der Oberansicht des umgekehrten
schmerzverzerrten Martyrerkopfes, dem wir in die Nasenlöcher und den
halbgeöffneten Mund schauen.
Das erste der Paulusbilder (Abb. 4) stellt die Bekehrung des Paulus nach
dem Wortlaute der Apostelgeschichte (Act. 9, 3-8) dar, wie aus den beiden
Schriftbändem ersichtlich ist: „Saule Saule quid me psequeris (z perse-
queris) durü est tibi contra stimulü calci (z calcitrare)" und „Domine quid
me vis facere". Zuoberst links erscheint in einerWolke die Halbßgur Christi.
Seine Rechte ist im Redegestus erhoben, von der gesenkten Linken aus
ergießt sich ein Strahlenbündel in diagonaler Richtung auf den vom Pferde
stürzenden Paulus in der rechten unteren Bildecke. Das Pferd, schräg von
links vorn gesehen, ist in die Vorderbeine gesunken und durchbricht bei-
nahe den Bildrand. Paulus, in voller Rüstung, sucht mit erhobener Rechten
sich der blendenden Strahlen zu erwehren. Den Mittelgrund des Bildes
nimmt das Gefolge Sauli ein; links gepanzerte Reiter, die mit staunendem
Entsetzen dem Sturze ihres Herrn zusehen, der vordere auf sich bäumendem
Roß, weiter rechts fünf Berittene, die in eiliger Flucht sich einer Stadt -
Damaskus? -, die fast identisch mit der Hafenstadt Ostia auf dem Bilde
der Kreuzigung Petri ist, zuwenden.
" Lipsius a. a. 0., S. 92.
"" Lipsius, „Die apokryphen Apostelgeschichten und Apostellegenden", II (1887), S. 303.
'" Nicht Rom, wie Döring vermutet.