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DER EHEMALIGE ST. PETER- UND PAULS-
ALTAR IM JOCHLSTHURN ZU STERZING
UND FRIEDRICH PACHER 50' VON PHILIPP
MARIA HALM-MUNCHEN S0
M das Jahr 1400 siedelte Hans Jöchl, ein reicher
Gewerker, aus Stegen bei Bruneck im Pustertal
nach Sterzing über. Damals entstand der unter
dem Namen Jöchlsthurnl bekannte, durch seine
reizvolle Silhouette so anziehende Ansitz in
seiner jetzigen Gestalt. Der Reichtum und das
Ansehen des Geschlechts wuchs stetig und damit
auch das Streben nach Lebensverfeinerung, von
der uns heute noch die eine reizende Schnitz-
decke im zweiten Stockwerke des Ansitzes,
welche Matthias Jöchl laut seinem Wappen x46g herstellen ließ, ein beredter
Zeuge ist. Unmittelbar nach der Ausgestaltung der Innenräume schritten
die Söhne des Hans Jöchl, Lienhard und Hans, zu dem Bau der anstoßenden
einschiftigen stattlichen Hauskapelle St. Peter und Paul, auf deren Voll-
endung die Jahrzahl x474 am Chorgewölbe zu beziehen ist. In diese Kapelle
nun stifteten die beiden frommen Brüder, deren wohltätige Gesinnung in
mancher milden Stiftung Ausdruck fand, einen großen Flügelaltar, der
den beiden Apostelfürsten geweiht war. Dort stand er bis 1744, in welchem
Jahre man, dem Wandel des Geschmackes folgend, die Kirche renovierte
und den alten gotischen Altar durch einen solchen im Rokokostil ersetzte.
Wahrscheinlich blieben damals noch die sämtlichen Gemälde des alten
Altars in den Händen der damaligen Besitzer, der Enzenberg zum Freyen-
thurn, an welche x643 der Jöchlsthurn übergegangen war, und von dort
gelangten die Mitteltafel mit den großen Figuren der beiden Heiligen und
die Predella mit den Stiftern um das Jahr 1850 nach Schloß Tratzberg, wo
sie den Glanzpunkt der Sammlung der gräflich Enzenbergischen Familie
bilden."
Über den nächsten Verbleib der zu dem Altar gehörigen Flügel sind wir
nicht genau unterrichtet. Vermutlich verschwanden sie während der Jahre
1770 und 1786, als der Jöchlsthurn durch eine Nebenlinie der Enzenberg
vorübergehend in den Besitz dreier Schwestern Oberrnair gelangt war,
' Wir ziehen aus historischen Grilnden die ursprüngliche, bis auf den heutigen Tag in dem Geschlechte
der Grafen von Enzenberg zum Freyen- und Jöchlsthum fortlehende Schreibweise „Jöchlsthum" der modernen
Form Ji5chelsturrn" vor.
" Konrad Fischnaler, Sterzing am Eisack, rgrn, S. 25. - Bertold Riehl, „Die Kunst an der Brennerstnße" ,
1908, S. no. - Die Ersetzung des alten gotischen Altars durch den jetzigen Rokokoaltar, wahrscheinlich unter
Verwendung einiger Teile des ersteren (siehe unten), scheinen zwei Söhne Peter Pauls von Enzenberg, (1- 1740),
die Domherren in Brixen waren, vernnlaßt und vorgenommen zu haben. - Es sei mir gestattet, an dieser Stelle
Seiner Exzellenz- Herrn Dr. Artur Grafen von Enzenberg und Herrn Sighard Grafen von Enzenberg. die meine
Studien durch Recherchen und Aufschlüsse jederzeit in entgegenkommendsrer Weise zu fördern bereit waren.
mit den Gelllhlen aufrichtigsten und wärmsten Dankes zu gedenken.
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