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Volltext: Monatszeitschrift XV (1912 / Heft 11)

Aus der Galerie Arnot ist zu berichten, daß sie einem jungen Ungarn (R. Kiss, 
Budapest) Gelegenheit gab, sein Temperament und seinen Eifer zu zeigen, guten Werken 
nahe zu kommen, während einige Werke von Gourdault (Paris) die Routine und den Farben- 
geschmack eines Künstlers zeigen, der das Glück hat, in der Metropole der Malerei 
zu arbeiten. Wenn in Paris auch alle andern Künste und Kunstbestrebungen zur Stagnation 
kamen, die Malerei zehrt doch von den besten Traditionen und scham immer wieder 
neue und interessante Anschauungen und Fähigkeiten ans Tageslicht; leider kommen 
gerade die impulsivsten Werke fast nie nach Wien; wir müssen uns mit modernem Mittel- 
gut oder versprengten älteren Werken begnügen. 
KLEINE NACHRICHTEN 5h 
ERLINER CHRÜNIK. Die Ausstellung der Galerie der Moden in Friedmann 
Webers Salons ist zu einer der interessantesten Veranstaltungen dieses so anregungs- 
reichen Hauses geworden. 
Sie hält sich ganz vom Gewerbe- und Industriemäßigen fern und erfüllt den Ehrgeiz 
des Kulturschauspiels. Und das in allerlebendigster Vergegenwärtigung. Die schönen 
Räume mit ihren alten und modernen Interieurs geben den Rahmen für die Moden alter 
und neuer Zeit. 
Die Folge der Modekupfer der Vergangenheit hängt an den Wänden und wirkt wie 
die Sammlung eines Amateurs. Und da diese Blätter, vor allem durch die sprechenden 
Impressionen Gavarnis von der gehenden und sitzenden Pariserin, durch die hauchig 
zart illuminierten Miniaturen aus dem journal des Dames et de la Mode, künstlerisch 
die feinsten Reize haben, ergibt die Schaustellung zugleich schmückende Raumwirkung. Die 
freispielende Regie Ernst Friedmanns hat mit glücklicher Vermeidung aller Panoptikum- 
Genres dazu Figurinen gestellt in der Tracht der letzten hundert Jahre. Und in den 
Zimmern von moderner dekorativer Kunst, in dem zärtlich blumigen Boudoir von Walser, 
in Friedmanns Toilettengemach mit den kornblumenblauen sachetgeüitterten Schränken 
sieht man das Neueste vom Eitelkeitsmarkt. Und das Charakteristische der letzten Mode 
ist die Nuance des geraHten und drapierten Überkleides. Ein gewisser Portierenstil mit 
Fangschnüren, Bommeln und Troddeln herrscht. Silber- und goldgeäderte Moires werden 
dazu verwendet mit durchbrochenen Gitterbahnen, auch Netztüll, der in spiraligen 
Schlängellinien mit farbigen Glasperlen benäht ist. Die Haltung aber bleibt schlank und 
schmaliiießend, und darin liegt die Variation des schon früher, in den sechziger jahren in 
Geltung gewesenen Drapierungsstils. Damals trat er mit seinen Volants, Lambrequins und 
hoch aufgenommenen Vorhangfalten in Begleitung der voluminösen Reifrockarchitekturen 
auf, heute erscheint er auf die „Linie" transponiert. 
Freie artistische Modephantasien sieht man in dem Sonderraum der Wiener Werk- 
stätte. Der Architekt Nechansky hat ihn komponiert mit seinen auf weißem Grund 
schwarzstreiiigen Wänden, den schwarzen Vorhängen mit weißen Karos, den schmalen, 
raumgliedernden Vitrinen. Mäntel und Stoffstücke liegen hier, deren Dekor durch Hand- 
druck mit dem geschnittenen Holzmodel bewirkt wurde. 
Weiße Seide ist mit schwarzen Längsstreifen und querlinigen Schraffierungen 
gezeichnet und darüber breitet sich ausgestreut aus dem hellen Untergrund ausgespart 
Blättergezweig. Weißer Pelzbesatz verstärkt noch den weichiiedrigen Eindruck. 
Dann der Mantel in den pikanten l-lerbstwald- und Pilztönen gelb- und braunblättrig, 
mit Vogelbeerrot punktiert. Dazu passend das khakifarbene Barett mit der Musterung 
brauner Ahornblätter. 
Zu Stilleben von subtilem Farbentakt hat diese Stücke der Architekt Wimmer in den 
Vitrinen angeordnet; mit ihnen vereinen sich Porzellanfigurinen, Silberkassetten auf
	        
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